"Das klingt ja, als ob jemand Telefondraht über den Grand Canyon spannt." Die FAZ über Duane Eddy.

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„Bei ihm klingt das tiefe E, als ob es noch eine Oktave tiefer wäre“, hat George Harrison über ihn gesagt und dabei waren es die Beatles, die ihn mit ihrem Durchbruch 1964 aus den Hitparaden fegten. Die fünf Jahre davor jedoch gehörten Duane Eddy und seinem unvergleichlichen „Twang“.

Twangin' From Phoenix To L.A.  5-CD BOOK/BUCH Die Entwicklung seines stilprägenden Sounds war Zufall. Eddy stellte fest, dass es einfach wesentlich markanter klang, wenn er die Melodie auf den tiefen Saiten seiner Gitarre spielte. Gleichzeitig entdeckte er den Tremolo-Hebel seiner Gretsch – ein Sound war geboren, den man mit den abgewandelten Worten von Duke Ellington beschreiben kann: „It don‘t mean a thang, if it ain‘t got that Twang!“. 
Eddy und sein Produzent Lee Hazlewood kannten sich aus einem Kaff in Arizona, wo Hazlewood in den fünfziger Jahren der maßgebliche Radio-DJ war. Mit der Zeit gewann er den Eindruck, dass er die Songs, die er spielte, eigentlich auch selbst aufnehmen und produzieren konnte. Mit „The Fool“ von Sanford Clark konnte er 1956 einen großen Hit landen, ein zweiter wollte ihm im Jahr darauf allerdings nicht gelingen, weshalb er Duane Eddy den Auftrag gab, mit einer zündenden Idee für einen Instrumental-Titel in seinem Studio in Phoenix aufzutauchen. Das Ergebnis war „Moovin’N’Groovin“. Das Lied enterte die unteren Regionen der Hitparaden, der Nachfolge-Song „Rebel Rouser“ die oberen.
Weil auch Dick Clark, der die Fernsehsendung „American Bandstand“ moderierte, von dem ungewöhnlichen Instrumental-Sound angetan war, holte er Eddy immer öfter in seine Sendung, was eine Hit-Lawine auslöste: „Cannonball“, „Yep!“, „Forty Miles of Bad Road“, „Shazam!“, „Because They’re Young“, „Peter Gunn“, „Pepe“ – die Liste war endlos.
Dass Duane Eddy kein technisch besonders versierter Gitarrist war, trug ihm viele Anfeindungen ein, denn sein Erfolgsrezept war eigentlich simpel: Die tiefer gelegte Melodie fraß sich unweigerlich ins Ohr. Hinzu kamen allerdings die raffinierten Kniffe, die sein Produzent zum Klang beitrug: Ein laut in den Vordergrund gemischtes Schlagzeug, ein aufdringlich röhrendes Saxofon und die sogenannten „rebel yells“: Die schwarze Gesangsgruppe The Sharps steuerte eine Mischung aus Indianerschreien, aufmunternden Rufen und ekstatischem Geheule bei. Das alles verdichtete sich zu dem Höreindruck, dass man es hier mit den Klängen einer imaginären Straßengang zu tun hatte, der offizielle Bandname Duane Eddy & The Rebels trug noch dazu bei. Duane Eddys Musik sollte für Jahrzehnte der Soundtrack der Rummelplätze werden. An Autoscooter und Raupe erklangen seine Hits, die auch deshalb so gut dafür geeignet waren, weil das Kirmes-Personal bei Instrumental-Musik während seiner Ansagen keinen Sänger unterbrechen musste.
Die Box „Twangin‘ From Phoenix From L.A.“ enthält das Material, das Eddy in den Jahren zwischen 1958 und 1961 für die kleine Firma Jamie aufnahm, spätere Hits wie „Guitar Man“ für RCA fehlen. Doch auf fünf CDs findet sich die Blaupause des klassischen Duane-Eddy-Sounds und man kann gut nachvollziehen, woher Produzent Lee Hazlewood, der später mit Nancy Sinatra das unsterbliche „These Boots Are Made For Walkin'“ einspielte, seinen zweifelhaften Ruf hatte. Er gönnte seinen Musikern kaum eine Pause und ließ sie die Titel endlos spielen, bis er die Aufnahme für tauglich befand: Die Single-Fassung von „Because They’re Young“, Eddys größten Hit, stammt zum Beispiel vom Take 27 (!). Martin Böttcher hat sich später für seine Winnetou-Melodie einiges aus dieser Nummer abgeguckt. Dass Hazlewood seine Hits im abgelegenen Phoenix aufnahm, hatte ebenfalls mit seiner Arbeitswut zu tun. In New York hätte er die Musiker für eine Drei-Stunden-Schicht bezahlen müssen, in Phoenix, wo Gewerkschaften keine Rolle spielten, dauerte eine Schicht den ganzen Tag. Sein Toningenieur Jack Miller erzählt die schöne Geschichte, wie Gäste der Musiker nach einer Aufnahme im Studio Lee Hazlewood fragten, ob er wissen wolle, was sie davon halten. Hazlewood antwortete nur: „Nein.“
Doch natürlich legte er den Grundstein für Eddys Karriere, als er mit Jamie endlich eine Plattenfirma fand, die seine Aufnahmen veröffentlichen wollte. Zuvor hatte er sich nur Absagen eingehandelt, die berühmteste stammt vom Label Dot: „Das klingt ja, als ob jemand Telefondraht über den Grand Canyon spannt.“
Duane Eddy: Twangin‘ From Phoenix To L.A. (Bear Family Records BCD 15778)
Quelle: FAZ vom 12. April 2012

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