Wer war/ist The Big Six ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

THE (BOBBY PATRICK) BIG SIX

Die (Bobby Patrick) Big Six kamen aus Glasgow. Bereits im Mai 1962 gastierten sie im Top Ten Club auf der Reeperbahn.

Pete McCrory (Gitarre): "Wir hatten damals unsere eigene Sängerin, Barry St. John. Die war sehr gut, ist aber leider nie gross 'rausgekommen."

Nach diesem ersten Hamburg-Gastspiel zog die Band weiter nach Hanau, wo sie vier Wochen lang in der Nähe einer amerikanischen Kaserne auftrat.

McCrory: "Bei den Amis kamen wir sehr gut an, weil wir schon damals sehr viel Soulmusik spielten. Dadurch bekamen wir Kontakte und blieben so ungefähr ein halbes Jahr in der Gegend, wo wir in den Offiziersclubs und so auftraten. Dann sind wir wieder nach London, wo unsere Basis war. Dort trafen wir Emile Ford (der in Hamburg bereits erfolgreich mit den Checkmates gastiert hatte) und tourten mit ihm zunächst durch England, dann durch Schweden und landeten schliesslich wieder in Hamburg. Emile ging bald wieder, aber wir sind acht Monate geblieben."

Wie die Star-Club-Bands King Size Taylor And The Dominoes und Cliff Bennett And The Rebel Rousers, die ihnen von der Besetzung und auch vom Stil her sehr ähnlich waren, genossen the Big Six bei Kollegen ein hohes Ansehen. Der grosse Publikumserfolg blieb jedoch aus. Vielleicht, weil das Image dieser Bands einfach zu erwachsen, nicht teenagergerecht genug war, um bei der breiten Masse anzukommen, die ohnehin vorwiegend auf Gitarrenbands à la Beatles stand.

McCrory: "Schon in Schottland und England auf den US-Basen haben wir Soul gespielt, denn wir haben immer die Platten gekriegt. Aber was die Leute hören wollten, das waren die Chuck-Berry-Sachen. In Hamburg, im Star-Club, das war ja ein besonderes Publikum, das gab es woanders nicht. Woanders waren wir auch nicht so beliebt."

1963 begannen die Bobby Patrick Big Six Schallplattenaufnahmen für die Ariola zu machen. Bald darauf taten sie sich mit Tony Sheridan zusammen.

McCrory: "Wie wir an Tony geraten sind, weiss ich gar nicht mehr genau. Wir haben zuerst allein gespielt. Mit Barry. Dann hat Tony seinen Finger gebrochen und konnte nicht spielen. Da fing das so an: Die erste halbe Stunde machten wir allein, die zweite halbe Stunde dann mit Tony. Bald ging Barry ihre eigenen Wege und wir blieben mit Tony zusammen."

Produzent Paul Murphy, der Tony Sheridan von Bert Kaempfert übernommen hatte, stand auf die Gruppe: "Mit Tony und den Big Six hab' ich 'die gute Version' von 'Skinny Minnie' produziert."

Murphy produzierte u. a. auch das erstklassige 'Just A Little Bit'-Album mit Sheridan und den Big Six. Seine Vorgesetzten konnten jedoch mit seinen Ideen recht wenig anfangen: "Dass die Polydor versäumte, das von mir erstellte Material entsprechend zu vermarkten, ist heute noch eine bittere Pille für mich. Es kostete sie keinen Pfennig. Ein Album vielleicht DM 1.500,-- !!!"

Tony Sheridan bestätigt diese Einschätzung: "Mit den Big Six hatten wir grosse Möglichkeiten, die aber leider nicht erkannt wurden."

Die Big Six tourten unentwegt. Mal mit Tony, mal ohne.

Sheridan: "Wir sollten als Vorgruppe für Chuck Berry im Pariser Olympia auftreten. Auf dem Hinweg blieben wir in Oppenheim am Rhein stecken, um Wein zu testen und gegebenenfalls zu kaufen. Die Big Six waren Schotten und somit tierische Säufer. Wir haben Wein getankt und sind mit unserem Kombi ohne Heizung durch die Kälte nach Paris gefahren. Als wir dort ankamen, waren wir voll wie tausend Mann. Wir gingen in ein Restaurant, um dort zu essen. Der Ober erklärte, es sei nicht die richtige Zeit dafür. Wir könnten gerne etwas trinken, zu essen gäbe es jedoch nichts. Wir waren ziemlich frech und wurden massiv. Da kam der Koch mit einem Beil aus der Küche und jagte uns 'raus. Draussen erwartete uns die Polizei. Wir mussten allesamt mit auf die Wache. Am nächsten Abend traten wir im Olympia auf. Nachdem wir ein Stück gespielt hatten, ging der Vorhang 'runter, weil einige von den Big Six nicht mehr stehen konnten."

McCrory: "Dass wir im Olympia völlig betrunken gewesen sind, ist richtig. Wir blieben mit Sheridan einige Monate in Frankreich. Manchmal haben wir uns auch für 'ne Weile getrennt."

Gelegentlich gingen die Big Six dann zurück nach England, wo sie auch als Begleitband für namhafte amerikanische Künstler arbeiteten.

McCrory: "Wir traten mit Roy Orbison und Bill Haley auf, wir spielten sogar in der Royal Albert Hall, aber wir kamen in London nicht auf den grünen Zweig. Die anderen Kapellen, die fanden uns gut, aber die Leute nicht, denn Soul wurde erst viel später modern. Ausserdem hatten wir ja auch immer auf dem Kontinent zu tun... Wir kamen mit Tony aus Frankreich zurück und hatten gleich eine Mucke in Baden-Baden. Ein Manager aus Düsseldorf brachte uns persönlich in den Club. Wir bauten auf, wunderten uns zwar, dass nur das Personal da war, fingen aber pünktlich an. Als wir 'ne halbe Stunde gespielt hatten, kam die richtige Kapelle und fragte, 'was macht ihr denn hier ?' Wir waren im falschen Club. Den richtigen haben wir nie gefunden."

Diese Anekdoten schildern die damalige Situation sehr anschaulich, war es doch teilweise mit der Professionalität noch nicht so weit her. Eine straffe Organisation und Disziplin gab es eigentlich nur unter der Regie von Manfred Weissleder im Star-Club. Dort wurde den Musikern einerseits für Trunkenheit oder Zuspätkommen knallhart die Gage gekürzt, andererseits hatten sie ständig zu tun und fanden sich in der Geborgenheit der grossen St. Pauli Familie, die vielen von ihnen über Jahre ein Zuhause bot.

So war es üblich, dass, wenn eine englische Band sich auflöste oder in ihre Heimat zurückging, immer der eine oder andere Musiker in Hamburg blieb, weil er dort verliebt, verlobt oder verheiratet war oder sich einer weiterhin dort arbeitenden Band angeschlossen hatte. Als die Big Six sich im Jahre 1964 nach dem Weggang von Archie Leggatt und Bobby Patrick, der bis dahin nicht nur Sänger und Trompeter, sondern auch Geschäftsführer der Band gewesen war, für kurze Zeit auflöste, um sich dann neu zu formieren, stieg ihr Drummer Frederick 'Freddy' Smith bei den deutschen Tonics ein.

Helmut Franke (damals Gitarrist der Tonics): "Auch John Wiggins hat mal bei 'ner Coverversion Orgel gespielt. Pete McCrory war ein sehr guter Gitarrist. Er hatte einen sehr flüssigen, jazzigen Stil. Das war toll. Er spielte eine weisse Gibson 175."

Pete McCrory: "Meine 175er Gibson wurde in London geklaut. Natürlich war nichts versichert. Wir hatten gerade im Saturday Club Jerry Lee Lewis begleitet, packten unsere Sachen in den Wagen und setzten uns erst mal in die Kantine. Als wir 'rauskamen, war der Wagen weg. Am Abend hatten wir ein Konzert mit Brenda Lee. Also mussten wir uns erst mal Instrumente pumpen. Es war gar nicht so leicht mit den geliehenen Instrumenten."

Auch für die neuen Big Six, die bald wieder in Hamburg erschienen, sollte es nicht leicht werden. Trotz der Anerkennung, die sie bei den Kollegen fanden und trotz der zahlreichen Schallplatten, unter eigenem Namen oder Pseudonymen, blieb der Erfolg beim breiten Publikum aus. Die Situation in den Star-Clubs begann sich zu ändern.

Dieter Horns, Bassist der German Bonds: "Wenn Lee Curtis nicht 600 mal im Star-Club gespielt hätte und Tony Sheridan nicht 700 mal, so gut wie er ist, dann wär' auch nicht die Langeweile aufgekommen. Ich weiss das noch aus eigener Erfahrung. Man ging morgens um fünf noch mal 'rein und guckte, wer da abmuckte, und dann war da Sheridan, den man schon 700 mal gesehen hatte, da ist man doch eher nach Hause gefahr'n. Dieser Effekt hat sich bestimmt auch bei den anderen Leuten eingestellt, also auch bei den normalen Fans. Die Spannung war einfach nicht mehr die wie in der Anfangszeit."

Das bekamen auch die Big Six zu spüren. Sie litten weiter unter ihren alten Repertoire- und Imageproblemen, und auch ihre Schallplatten fanden nicht die richtige Anerkennung. Mittlerweile machten sie unter der Regie von Jimmy Bowien, der Murphy abgelöst hatte, auch wieder Aufnahmen unter eigenem Namen ohne Tony Sheridan, denn sie konnten mit Ian Campbell einen exzellenten Sänger vorweisen. Als der Frust überhand nahm, wollten einige Bandmitglieder nach London zurück, einige nicht.

Pete McCrory: "Ich hätte nicht aufgehört, wenn die Band in Hamburg geblieben wäre, denn ich war hier verheiratet und hatte bereits ein Kind. Ich hatte es noch nie so gut gehabt wie hier in Hamburg, warum sollte ich also wieder weggehen ? In London hab' ich Fenster geputzt und Fussböden geschrubbt. Es gab so viele Kapellen, und, wie gesagt, unsere Musik war nicht unbedingt gefragt. Wir waren in London wochenlang ohne irgendwelche Jobs. Wir hatten schon auf Parkbänken geschlafen, am Marble Arch, da war 'ne Wimpy Bar, da haben wir ganze Nächte bei 'ner Tasse Tee gesessen."

Pete blieb also in Hamburg, wo er als Ingenieur arbeitet.

Freddy Smith schloss sich Ian And The Zodiacs an. In den Jahren 1972-1974 spielte er, wieder mit Archie Leggatt, der der Band von Johnny Hallyday angehört hatte, für Kevin Ayers.

John Wiggins blieb zunächst bei Tony Sheridan, bevor er 1968 in London Mitglied des Paul Williams Set wurde. Er betreibt heute, gemeinsam mit seiner Ehefrau Sylvia Saunders (Ex-Schlagzeugerin der Liverbirds), einen Sing-Along-Club in Spanien.

Alex Young ging für eine Weile zu den Original X-Rays, einer Hamburger Formation. 1969 gründete er in England die Gruppe Grapefruit, der er als Bassist und Sänger angehörte. Später wurde er Musikverleger und nahm die Interessen von AC/DC und Flash And The Pan in Europa wahr.

Ian Campbell wurde Studiomusiker (u. a. für Stealers Wheel).

Barry St. John, die bis Ende der 60er Jahre Solo-Schallplatten machte, heiratete 1967 Howie Casey, den ehemaligen Saxophonisten der Dominoes. Gemeinsam schlossen sie sich Les Humphries an. Barry den Les Humphries Singers, Howie dem Les Humphries Orchester.

Bobby Patrick hielt sich 1996 für eine Weile in Hamburg auf, um die Chancen für eine Oldie-Band abzuschätzen, und lebt jetzt in der Nähe von London.

Über den Verbleib Peter R. Carters ist nichts bekannt.

 


Bobby Patrick: "Ich gründete die Band 1960 mit einer anderen Besetzung, und sie veränderte sich noch einige Male bevor wir nach 1962 nach Hamburg gingen. Das waren dann ausser mir, John Wiggins, Freddy Smith, Pete McCrory, Alex Young, Archie Leggatt und Barry St. John. Ich sah einen Film, 'Pete Kelly's Blues', in dem eine Gruppe namens Pete Kelly's Big Seven spielte. Angelehnt an diese Band, nannte ich unsere Formation Bobby Patrick Big Six. So kam der Name zustande. Nach drei Jahren im Top Ten und dem Star-Club wollte ich nach Haus. Archie Leggatt hatte genau wie ich Frau und Kinder in England. Die anderen Musiker hatten ihre Frauen oder Freundinnen in Hamburg. Als wir Weihnachten 1965 nach Haus fuhren, kamen Archie und ich nicht mehr zurück. Zusätzlich war unser Verhältnis mit Manfred Weissleder auf dem Nullpunkt angekommen.

Als wir im Star-Club anfingen, wurde Tony Sheridan von der Hausband, die von Manfred zusammengestellt worden war, begleitet. Das waren die Beat Brothers. Der Pianospieler war Roy Young, das Saxophon spielte Rikki Barnes. Manfred fragte dann, ob wir Tony begleiten wollten, so kam es zustande, dass wir mit Tony spielten. Archie spielte später mit Johnny Hallyday in Frankreich, zudem mit J.J. Cale und Gary Moore. Barry St. John machte einige Soloalben und wurde eine der gesuchtesten Backgroundsängerinnen in den Londoner Studios. Ich ging ebenfalls nach London und begann eine Karriere als Sessionmusiker. Ich tourte mit Stevie Wonder und Tina Turner, neben vielen anderen."

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Weitere Informationen zu The Big Six auf de.Wikipedia.org

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