Wer war/ist Star-Club ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Manfred Weissleder und der STAR-CLUB

Als Manfred Weissleder am 13. April 1962 den Star-Club eröffnete, gab es bereits eine lebendige Musikszene auf St. Pauli. Bevor 1960 die ersten englischen Bands im Kaiserkeller gastierten, waren es Indonesier- und Molukker-Kapellen aus Holland, die ihren geschliffenen Show-Rock 'n' Roll in den Hamburger Nachtclubs darboten. Sie wurden jedoch sehr schnell von den rauheren - und vor allem billigeren - Gruppen aus England abgelöst.

Die ersten waren die Jets aus London mit Tony Sheridan an der Gitarre. Es folgten ihnen Derry And The Seniors, die Beatles und Rory Storm And The Hurricanes aus Liverpool, die alle dafür sorgten, dass sich die britische Variante des Rock 'n' Roll in Hamburgs Amüsierviertel durchsetzte und etablierte.

Der erste, der mit der neuen Musik Geld verdiente, war Bruno Koschmider, dem das Indra und der Kaiserkeller gehörten. Aber auch im Studio X und ähnlichen Etablissements traten Rock 'n' Roll-Bands auf. Dem jungen Gastronomen Peter Eckhorn gelang der grosse Wurf mit seinem Ende 1960 eröffneten Top Ten Club auf der Reeperbahn. Vom ersten Tag an lief der Laden wie geschmiert und machte Eckhorn mit Gastspielen der Beatles und Gerry And The Pacemakers, sowie vieler anderer Bands zum wohlhabenden Mann.

Manfred Weissleder war 1962 bereits ein erfolgreicher Unternehmer. Am 29. Januar 1928 in Dortmund geboren, kam er Mitte der 50er Jahre nach Hamburg, um auf St. Pauli Karriere zu machen. 1956 startete er als Betriebselektriker des Nachtclubs Tabu. Bald schon wurde er jedoch auch in anderen Bereichen aktiv. So versuchte er sich zum Beispiel als Erotik-Film-Produzent, was in der damaligen Zeit zwar äusserst riskant, aber auch äusserst lukrativ sein konnte. Am 30. Dezember 1958 bestellte Weissleder einen Mercedes 190 D zum Preis von DM 9.950, am 30. Januar 1959 einen Mercedes 220 S, den er ein Jahr später gegen ein fabrikneues Modell dieser Klasse eintauschte. Es ging ihm wirtschaftlich gut. 1961 kaufte Weissleder einen Chevrolet, in den er 1962 einen Plattenspieler einbauen liess.

Das hatte seine Gründe, denn 1962 stieg der blonde Hüne mit dem Äusseren eines 'Redneck' und dem fortschrittlichen Geist ins Musik-Business ein.

Natürlich war Manfred Weissleder nicht entgangen, dass Leute wie Koschmider und Eckhorn sich mit dem 'Twist', wie man 1962 die Rockmusik ob des Riesenerfolgs des amerikanischen Modetanzes pauschal nannte, eine goldene Nase verdienten. Natürlich war er hochgradig daran interessiert, sich ein Stück von diesem Kuchen abzuschneiden. Und zwar das grösste.

Der Zufall kam ihm zur Hilfe.

Aufgrund einer baubehördlichen Auflage musste Weissleder einen zusätzlichen Ausgang für die mittlerweile von ihm betriebenen Geschäfte auf dem Paradieshof schaffen, der von der Grossen Freiheit abgeht. Es gelang ihm, das ehemalige Stern-Kino auf der Grossen Freiheit zu pachten. Zunächst der Not gehorchend als eine Art weiteren Fluchtweg. Nun galt es, eine Idee zu entwickeln, um mit der Riesen-Räumlichkeit Geld zu machen. Horst Fascher, ehemaliger Kellner im Kaiserkeller, ehemaliger Geschäftsführer vom Top Ten und Manager des St. Pauli-Stars Tony Sheridan, half ihm dabei. Gemeinsam konzipierten sie den ultimativen Rock 'n' Roll-Schuppen. Ein Name war schnell gefunden: Aus dem Stern, der über dem Kino-Eingang in die Grosse Freiheit ragte, wurde der 'Star'. Stars waren bisher auf St. Pauli nicht aufgetreten. Also beschloss Weissleder, echte Stars nach Hamburg zu holen.

Horst Fascher, dem der englische Sänger/Pianist und Top-Ten-Veteran Roy Young als Talentscout zur Seite stand, machte sich auf, Künstler für den neuen Laden zu beschaffen. Es war völlig klar, dass zunächst die absoluten Lokalmatadoren für den Star-Club gebucht werden mussten. Tony Sheridan und ... die Beatles.

Beide hatten einen Vertrag mit Peter Eckhorn - Sheridan einen schriftlichen, aus dem ihn Weissleder mittels Zahlung der Konventionalstrafe herausholte, die Beatles lediglich einen mündlichen, den ihr neuer Manager Brian Epstein angesichts des Weissleder-Angebots ignorierte.

Am 13. April 1962 öffnete der Star-Club Hamburg, Grosse Freiheit 39, seine Pforten. Auf der Bühne standen abwechselnd Tex Roberg And The Graduates aus Südafrika, die englischen Bachelors (nicht, wie anderweitig behauptet, ein irisches Gesangstrio mit Gitarren und Kontrabass, sondern ein Duo, das schon seit 1958 bestand und 3 Singles aufgenommen hat) sowie die Beatles, die auch die Aufgabe übernahmen, Roy Young, den Grossmeister am Klavier, zu begleiten.

Es war Weissleder gelungen, Roy mit einem Superangebot vom Top Ten wegzulocken. Er stellte ihm einen Flügel mit seitlich angebrachtem Namenszug 'Roy Young'. Weiterhin einen weissen PKW mit weissen Ledersitzen, der allerdings von Roy beim Star-Club abzuarbeiten war. Darüberhinaus erhielt er einen weissen Bühnenanzug und, natürlich, eine bessere Gage als im Top Ten.

Der Star-Club war von Anfang an ein Riesenerfolg. Und seine Stars waren die Beatles.

In den ersten Monaten wechselten sich bis zu acht Bands pro Nacht auf der Bühne des Clubs ab, fast ausschliesslich englische Gruppen. Immer wieder fanden jedoch auch, zum Teil mehrtägige, ja mehrwöchige, Gastspiele amerikanischer und englischer Stars statt. Ausser Elvis und den Rolling Stones sollte so ziemlich alles, was in der Rock-Musik Rang und Namen hatte, in den nächsten Jahren im Star-Club gastieren.

In den ersten Jahren waren es reine Rock 'n' Roller, die den Nachholbedarf der nach dieser Musik süchtigen Jugendlichen stillten. Gene Vincent, Bill Haley, Little Richard, Jerry Lee Lewis, Chuck Berry und viele andere brachten den begeisterten Teens und Twens - den 'Halbstarken' - den Sound, der ihnen so lange von den Medien vorenthalten worden war.

Der Star-Club wurde ihr Mekka.

Im Schatten der 'Kings Of Rock 'n' Roll' entwickelten sich deren Kronprinzen, allen voran wieder die Beatles, die erst Hamburg, dann Liverpool, dann England, Europa, Amerika und die ganze Welt erobern sollten. Mit ihnen ihre Weggefährten aus dem Star-Club: Gerry And The Pacemakers, The Searchers, The Swinging Blue Jeans und viele mehr.

Als schliesslich Ende der sechziger Jahre die Jimi Hendrix Experience, Cream und viele andere 'progressive' Gruppen im Star-Club gastierten, hatte dieser seinen Zenit bereits überschritten.

Der Rock 'n' Roll war, dank der Beatles, gesellschaftsfähig geworden. Er fand überall statt. Überall auf der Erde, in den Zeitungen und Jugendzeitschriften, im Radio, ja sogar im Fernsehen.

Der Star-Club war auf einmal nichts besonderes mehr. Die erfolgreichen Vertreter des Beat jetteten um die Welt, spielten für Super-Gagen in Super-Hallen und waren für den Star-Club längst nicht mehr erschwinglich.

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Weitere Informationen zu Star-Club auf de.Wikipedia.org

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