Wer war/ist Konstantin Wecker ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Konstantin Wecker 

Zwischenräume 

Geboren in zwar knappen Zeiten aber keine Komplikationen im Mutterleib. Kein Kaiserschnitt, nichts was den Ausgang versperrt hätte nichts Aufregendes diese Geburt: Farblose Laken und eine Hebamme mit Raucherbein. Wär gerne am Amazonas zwischen zwei Regenzeitenin die Welt geglittenoder in einer Waschkücheheimlich als Makel einer zwölfjährigen Mutteroder in einem Luftschutzkellerunter den Trompetensalven der Bomben -hätte gerne mehr Action gehabt bei meiner Geburt.Versuche dies nachzuholen.

 

Noch heute spricht Konstantin Wecker diesen Text, vorwiegend in Solokonzerten. Einen Lacher holt er sich damit oder einen Schmunzler, und doch hätte - ganz im Ernst - dieses mehr Action sicher besser zu Konstantins Geburt gepaßt. Denn energiegeladen ist er von Anfang an, extrovertiert und musikalisch, so berichtet Mutter Dorothea, oder jedenfalls rhythmisch begabt - schon als Kleinkind. "Was drin ist, muß raus"1), sagt Wecker in einem Interview mit Bernd Schroeder 1981 - Freude, Trauer, Aggression.

Konstantins Vater Alexander Wecker war Tenor, Maler, Autor - kurz: eine rundum künstlerische Persönlichkeit. Bereits dessen Vater war Sänger. Die Kunst war für Alexander Wecker kein Beruf, sondern Lebensentwurf, etwas Notwendiges, um diese Welt überhaupt auszuhalten. Sie war Hingabe. Sie war Schönheit und innerer Halt - ein Ausgleich zur häßlichen Wirklichkeit. Aber: Alexander Wecker war introvertiert, machte wenig Worte (wenn aber, dann waren sie von Belang, und Konstantin kann sie heute noch zitieren). Jener andere Künstlertypus eben, der nicht alles nach außen trägt, sondern der heimlich sich Erbauende, der Stille, Schüchterne. So erfreut sein leidenschaftlicher Tenor im Stile eines Jussi Björling oft genug den Familienkreis, erreicht aber kaum die Bühne. Dieses partout Nicht-Auftreten-Wollen sei seiner Weltkarriere abträglich gewesen, stellt Konstantin lakonisch fest. Erfolgreicher wird Alexander Wecker als Kunstmaler der Münchner Szene. Er stellt aus, lehrt später an der Münchner Kunstakademie. Ein Akademiker wird er dennoch nicht. Möbliert sein Atelier in der Adalbertstraße mit eigenen, aber auch mit Bildern seiner Lieblingsmaler und baut sich so einen Schutzwall gegen die Anfeindungen der Außenwelt.

 

An vielen Stellen kann man lesen, Konstantin entstamme einer Künstlerfamilie - doch ist dies mit Blick auf seine Mutter Dorothea (geb. Goebel) nur halb richtig. Biedere Beamte und Angestellte finden sich hier in der Ahnengalerie. Dorothea selbst ist nach dem Krieg Beamtenanwärterin bei der Stadt München, gibt diesen Job nach Konstantins Geburt auf. Und doch ist Dorle - so der allgemein gebräuchliche Spitzname von Konstantins Mutter - gleichsam Konstantins Muse der frühen Jahre. Sie fördert sein musikalisches und vor allem sein lyrisches Talent, liest ihm Gedichte vor, Goethe, Rilke, Eichendorff, animiert ihn, Eigenes zu formulieren. Ihre Erziehung - von seiten des Vaters kann man von Erziehung kaum sprechen - ist streng, doch stets um Gerechtigkeit bemüht. Und vor allem: Sie vermeidet - trotz großen Mutterehrgeizes - den Ausverkauf des Talentes an die Medien (wie ihn etwa Heintje Ende der 60er Jahre erlebt). Konstantins Knabensopran ist genauso rein und glockenhell 

Konstantin darf sich austoben, genießt unbeschwerte Kinderjahre und erwirbt sich so einen Schatz, der ihn später, in der harten Zeit des Drogenentzugs, retten soll. Das klingt pathetisch und ist doch die pure Wahrheit. Das unerschütterliche Fundament, auf das Konstantins Leben gebaut ist, beschreibt er selbst so: "Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, dann bestand sie nur aus Sommer. ... Meine Kindheit ist Isar, Sonne und ein nie enden wollender Tag."2) Später verarbeitet Konstantin dieses Gefühl in dem Lied Das ganze schrecklich schöne Leben und findet das treffende Bild des vor lauter Lebenwollen nicht Schlafenkönnens.

Doch noch ist das Thema Dorle Wecker nicht abgehandelt (und wird in Konstantins Leben wohl nie abgehandelt sein). Das Verhältnis Dorle/Konstantin ist ein unzertrennliches, trotz aller Brüche unverbrüchliches, ewiges. Förderin ist sie, unbedingte Stütze seines Talents, das wurde bereits gesagt; doch ist sie auch beißende Kritikerin, nicht nur, was Konstantins schöpferische Ergebnisse betrifft, sondern auch mit Blick auf Lebensführung, Einstellungen, erste Freundinnen. Sie will Kontrolle, ja Macht, will durch Konstantin verwirklicht sehen, was ihr selbst verwehrt geblieben. Konstantin, der Übersohn, kann an ihr, der Übermutter, nichts vorbeimogeln, sie ist - O-Ton Dorle Wecker – "sein permanentes schlechtes Gewissen." Und das gilt nicht nur für die Kindes-, die Jugendzeit. Dies gilt auch, als Konstantin schon längst erwachsen, schon längst etabliert ist in der aufstrebenden Liedermacher-Szene. Noch im Alter von 42 Jahren gesteht Konstantin: "Meine Mutter hat immer noch sehr viel Macht über mich."3) Und Konstantin formuliert genau, sagt nicht "Einfluß", sagt nicht "...ist mir wichtig" oder "unersetzlich." In jedem auch nur irgendwie erreichbaren Konzert - München, Salzburg, Wien, Berlin - sitzt Dorle in der ersten Reihe, läßt sich zum 100., zum 1000. Mal berauschen, findet aber auch - adleräugig, scharfzüngig - zum 1000. Mal den Mut zum offenen Wort.

Conclusio: Konstantin hat unter seiner Mutter sicherlich oft gelitten, seine Liebe aber war größer. Die bedingungslose Mutterliebe ihrem
Kind gegenüber ist psychologisch hinlänglich bekannt und hier - mit Blick auf (das Einzelkind) Konstantin - besonders stark ausgeprägt. Doch kommt im vorliegenden Fall das - seltener anzutreffende - Gegenstück hinzu: Die unbedingte Liebe des Sohnes zur Mutter, das liebevolle Verstehen ihres Handelns und Sprechens. Das Erkennen einer allumfassenden Güte, die hinter mancher Härte steht 

Diese allumfassende Güte hat Konstantin geprägt. 

Auszug aus dem Booklet BCD 16063 - Konstantin Wecker Zwischenräume (7CD & 1DVD mit 160-seitigem gebundenem Buch in LP-Grösse)
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KONSTANTIN WECKER
12. Willy – 13. Frieden im Land

"Lieder können verändern!" (Konstantin Wecker)

"Ich habe nie trennen können zwischen privat und öffentlich, zwischen privat und politisch", sagte Konstantin Wecker 2003 in einem Interview mit dem 'Folker!'. Der Münchner ist ein politischer Künstler, bei dem der einzelne im Mittelpunkt steht, ohne daß die politischen Zusammenhänge aus dem Blickfeld geraten. 1947 in München geboren, hatte Wecker ab 1953 Klavierunterricht, später kamen Geige und Gitarre als Instrumente hinzu. Seine Gesangskarriere wurde ebenfalls früh geebnet – von 1955-1960 sang er Knabensopran im Kinderchor. Ab 1959/60 gab es erste Ausreißversuche von daheim – mit dem Ideal vom Leben als freier Dichter. 1968 war es dann soweit: Konstantin Wecker hatte seine ersten Soloauftritte in der Kleinkunstszene Münchens. 1970 studierte er Philosophie und Psychologie an der Universität München und war ein Jahr später Gründungsmitglied der Rock-Soul-Gruppe Zauberberg. Seine erste LP unter eigenem Namen spielte er im April 1973 unter dem Titel 'Die sadopoetischen Gesänge des Konstantin Amadeus Wecker' ein. Es folgten weitere LPs und 1976 die erste Deutschlandtournee. Seitdem reißt die Kette von CD-Veröffentlichungen, Tourneen, Preisverleihungen und Filmmusiken nicht mehr ab. 1977 erhielt er den Deutschen Kleinkunstpreis und im Jahr darauf den Deutschen Schallplattenpreis für die LP 'Genug ist nicht genug'. Darauf finden sich die hier vertretenen Lieder Willy und Frieden im Land.

In dem Buch 'Konstantin Wecker im Gespräch mit Bernd Schroeder' erzählte der Musiker, wie es zu Willy kam. Demnach hatte er die Refrainzeile "Gestern habns an Willy daschlogn, / und heit, und heit, und heit werd a begrobn" schon ein Vierteljahr lang im Kopf gehabt. Bei Proben spielte er dann seinen Musikern Willy das erste Mal vor. "Da haben die plötzlich geweint. Und auch andere Leute, denen ich das Lied danach vorgespielt habe, haben so reagiert. Da hab ich gewußt, daß es mit dem Lied etwas auf sich hat." Die Geschichte, die erzählt wird, hat sich so in einer Schwabinger Kneipe zugetragen, wobei der Name des Freundes verändert wurde. Der Tod des Willy ist das einzige Erfundene an dem Lied. Als Konstantin Wecker 1977 dieses Lied vortrug, war kaum absehbar, welches Ausmaß rechte Gewalttaten u. a. mit den Anschlägen von Mölln, Solingen, Rostock und Eberswalde in den beiden folgenden Jahrzehnten annehmen würden. Da Wecker nicht nur auf diesen Titel festgelegt werden wollte, nahm er ihn mehrere Jahre aus seinem Liveprogramm heraus. Doch als 1990 jugendliche Rechte den Angolaner Amadeu Antonio Kiowa totgeprügelt und zwei weitere Afrikaner lebensgefährlich verletzt hatten, aktualisierte er Willy und kommentierte die ausländerfeindlichen Pogrome mit der Ballade von Antonio Amadeu Kiowa, für die Wecker 1993 mit dem Liederpreis der Liederbestenliste ausgezeichnet wurde. Weitere Fortschreibungen seiner Anti-Faschismus-Hymne folgten vor wenigen Jahren, u. a. beim gemeinsamen Auftritt mit Hannes Wader und Reinhard Mey im Februar 2003 in Berlin bei einer Großkundgebung gegen den Irak-Krieg. Den andauernden Erfolg seines Liedes erklärte Konstantin Wecker im 'Folker!' so: "Das Stück hat den besten 'Trick', den ich mir jemals habe einfallen lassen. Ich kann erzählen, was ich will. Ich mache dazu Musik und dadurch, daß es ja ein Talking Blues ist und kein Essay, kommt es auch emotionaler rüber für die Leute. Und ich kann in einfacheren Worten sprechen, als ich für eine Zeitung schreiben würde. Dort würde ich mir viel mehr Hintergrundgedanken machen müssen, Fußnoten, Anmerkungen machen, Belege bringen. Das muß ich hier nicht, ich kann mit meinem Publikum reden wie ich mit einem Spezi an der Bar reden würde. Und das ist natürlich der wirklich geniale Einfall dieses Lieds gewesen."

Frieden im Land wirft einen kritischen Blick auf die deutsche Demokratie des Jahres 1977, als der Staat mit brutaler Härte auf die Herausforderung der in den Untergrund gegangenen Baader-Meinhof-Gruppe reagierte. Unerbittliche Antiterrorgesetze waren die Antwort auf die Mordtaten der RAF. Stilistisch orientiert sich Konstantin Wecker hier an Vorbildern aus der klassischen Musik. Kommt er doch aus einer ganz anderen Tradition als die meisten anderen deutschen politischen Liedermacher wie etwa Franz Josef Degenhardt oder Hannes Wader. "Musikalisch habe ich mit all denen ganz wenig gemeinsam", sagte er dem 'Folker!' gegenüber. "Weil ich … von einer ganz anderen Wurzel her komme, eher von der Richtung Schubert. Die genannten kommen eigentlich alle aus der Woody-Guthrie-Tradition. Hannes Waders schöne Lieder sind ja oft eher Traditionals, die er übersetzt hat, das ist richtiger klassischer Folk. Mit dem hatte ich nie so richtig was am Hut, obwohl es mir gefällt. Und mein großes Vorbild war damals Carl Orff. Lieder wie 'Hexeneinmaleins' oder 'Frieden im Land' sind stark beeinflußt von Orff. Ich habe das Marimbaphon und das Schlagwerk mitgenommen, habe eigentlich immer eine sehr eigene Musik gemacht. Eine ganz eigenständige Musik, die nie besonders populär war, die gar nicht die Chance zu einer großen Popularität hatte. Ich sehe mich – als politischer Sänger – auch nicht in deren Tradition. Ich bin ein paar Jahre später dran. Die waren alle auf der Waldeck. Meine großen Leute waren Benn, Rilke und Goethe. Ich bin ein sehr eigenes Gewächs, das mit einer komischen Mischung aus bürgerlicher Klassik und einem überhaupt nicht dazu passenden Leben gestartet ist. Ich habe das Leben eines Rock ’n’ Rollers geführt und habe mir zuhause Gustav Mahler reingezogen."

Ende 1995 wurde Konstantin Wecker wegen Kokainbesitzes verhaftet und wenige Jahre später auf Bewährung verurteilt. Doch er konnte sich aufrappeln, wie der 'Folker!' schrieb, und hat "seine Seele mit Hilfe einer neuen Selbstfindung, dem Abschied von alten Gewohnheiten und Geschichten ins Jetzt und Heute hinübergerettet. Jede Krise, pflegt er zu betonen, stellt auch eine Chance dar. Konstantin Wecker hat die seinige genutzt und ist seitdem stärker als je zuvor." Der 'neue' Wecker steht nach wie vor für eine klare Auseinandersetzung mit dem politischen Leben in Deutschland und der Welt. Beim Tanz & Folk Fest .Rudolstadt 2006 wurde er für sein 'Bagdad-Kabul-Projekt' mit Musikern aus dem Irak, Afghanistan, der Türkei und Deutschland mit dem Weltmusikpreis RUTH in der Kategorie 'Deutsche RUTH' ausgezeichnet. Unter anderem auch dafür, daß er in vorderster Front der Künstler steht, die den Mund aufmachen, die nicht schweigen wollen, wenn ihnen etwas gegen den Strich geht. Im Interview mit dem 'Folker!' meinte KonstantinWecker: "Es wird so viel geschmiert und gelogen, und aus lauter Gier werden wir so beschissen. Wenn sich das soziale Leben hauptsächlich nur noch in der Einkaufszone abspielt oder allein vor dem Fernseher und mit einer Flasche Wodka, dann ist doch irgendetwas faul an dieser Gesellschaft. Wir sind so weit, daß wir sinnlose Dinge konsumieren, in dem Wahn, wir könnten dadurch glücklicher werden – und in Wirklichkeit immer nur ein System befriedigen, das immer neue Bedürfnisse schaffen muß, weil es sonst kollabieren würde. Es gilt, das zu wissen, aufzudecken, sich zu vernetzen. Ich sage bewußt: keine neuen Parteien gründen, das hat, glaube ich, alles keinen Sinn. Wenn sich starke Individuen zusammentun, dann können sie sich nicht im Regulativ einer Partei zusammenfinden. Diese starken Individuen hat es immer schon gegeben, die gibt es auch weiter, die sollen sich finden, das ist unsere Chance!"

Jenseits der eingefahrenen Medienlandschaft hat Konstantin Wecker auf seiner Website einen Link auf eine andere Website, die sich damit beschäftigt, was abseits des in den Zeitungen und anderen Medien wiedergegebenen Informationsstroms vor sich geht. Passender Name: www.hinter-den-schlagzeilen.info.

www.wecker.de


Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.2, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.2-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

 

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