Es war spannend 1985. Rockabilly und
Rock‘n’Roll erlebten eine nie dagewesene
Renaissance mit Shakin’ Stevens, Matchbox,
The Jets und Stray Cats in den Charts,
Psychobilly kam auf. Musikalisch schien alles
möglich, während auf der politischen Bühne
offenbar nicht viel möglich war. Der Mauerfall lag
noch in weiter Ferne, Michail Gorbatschow war
gerade erst Chef der KPdSU geworden. Ronald
Reagan war U.S. Präsident und Helmut Kohl
Bundeskanzler. Die DDR vergrößerte ihr See-
Territorium und es kam zum größten Ost-West-
Agentenaustausch der Geschichte auf der
Glienicker Brücke. Bei Berlin Konzerten wurden
wir an der innerdeutschen Grenze eisenhart
kontrolliert, teilweise mit Spürhunden unterm
Fahrzeug und dabei fast einmal wieder zurück
geschickt. 40 Jahre Kriegsende wurde auch
gefeiert, während bei Heilbronn die Treibstufe
einer Pershing II Rakete explodierte. Im Nahen
Osten hat es auch damals schon gewaltig
gekracht. Und es gab Bombenanschläge
zeitgleich an den Flughäfen von Wien und Rom
und zuvor in Frankfurt amMain. Der französische
Geheimdienst versenkte das Greenpeace-Schiff
’Rainbow Warrior’, während Robert Ballard die
’Titanic’ in den Tiefen des Atlantik lokalisierte.
Der Glykolwein-Skandal nahm seinen Lauf, Wein
mit Frostschutzmitteln gepanscht, während
allgemein das Umweltbewusstsein zu steigen
schien. Dann war da noch die Krankheit AIDS, an
der 1985 auch der Filmschauspieler Rock Hudson
starb. Computer und das Internet waren noch
militärischeGeheimwaffenunddasHandyauchnoch
nicht der breiten Masse zugänglich. Wir begnügten
uns also mit Telefonzellen und Fotokopierern. Vor
diesem politisch-gesellschaftlichen Hintergrund
triebenwirdasProjekt ’RumbleOnTheBeach’voran.
Fabsi hatte uns angehört und für gut befunden.
Nachdem die Formalitäten geklärt waren,
gehörten wir zum Stall des Weser-Labels. Auftakt
bildete eine Silvester-Show im Bremer
’Kulturzentrum Schlachthof’. Es war zugleich
auch eine Show im Rahmen der ersten ’We Are
The Champions’-Tour des Weser-Labels, und wir
durften nun beim Gig in Bremen die Gast-Band
sein. Außerdem waren neben den Mimmi’s auch
Die Goldenen Zitronen (Fun-Punk) und Stunde
X (60s Garagen-Punk) mit dabei. Es wurde bis
zum Morgengrauen gerockt und gefeiert. Neben
dem Kater hatte ich danach das gute Gefühl, als
Band ein Stück weiter zu sein.
Nun ging alles sehr schnell. Mit einer
Plattenfirma im Rücken machten wir Nägel mit
Köpfen. Bereits Anfang Februar 1986 stürmten
wir in das Aufnahmestudio von Jörg Siemer in
Bremen und nahmen innerhalb von drei Tagen
fünf Songs auf, teilweise in verschiedenen
9
PREVIEW