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SPAIN IN MY HEART
SPANIEN IM HERZEN
ESPAÑA EN EL CORAZÓN
Auch 75 Jahre nach Ausbruch des Bürger-
kriegs in Spanien, von manchen Historikern als
erste Schlacht des Zweiten Weltkriegs bezeichnet,
ist das Interesse an und die Beschäftigung mit
den damaligen Ereignissen ungebrochen. Die in-
ternationale Literaturliste allein der Jahre ab
2000 verzeichnet eine Vielzahl von historischen
Untersuchungen und Überblicksdarstellungen.
Woher dieses anhaltende Interesse? Für die Hi-
storiker beantwortet der deutsche Doyen auf die-
sem Feld, Professor Walther L. Bernecker, unsere
Frage. Er schrieb 2005:
"Der Bürgerkrieg von 1936
bis 1939 gehört bis heute zu den zentralen Themen
der neueren spanischen Geschichte. Trotz der un-
übersehbaren Fülle an bereits vorliegender Litera-
tur muss er als immer noch nicht aufgearbeitet
betrachtet werden. Nötig sind vor allem Analysen,
die eine Zusammenschau politisch-diplomatischer,
wirtschaftlich-sozialer und waffentechnisch-mili-
tärstrategischer Fragen in Angriff nehmen."
Doch das Interesse reicht weit über die Histo-
rikerzunft hinaus. Und hier kommen nun die
Künste ins Spiel. Eine große Zahl bekannter und
weniger bekannter Schriftsteller, Journalisten,
Musiker und Filmemacher aus Europa und Über-
see kam damals ins Land, sie haben – wie auch
viele ihrer spanischen Kollegen –, beginnend ab
1936, den Bürgerkrieg in künstlerischen Werken
von Rang thematisiert. Viele davon haben bis
heute nichts von ihrer Wirkung eingebüßt und
werden von jeder Generation aufs Neue entdeckt
– von Picassos Gemälde 'Guernica' über Heming-
ways Roman 'For Whom The Bell Tolls' ('Wem die
Stunde schlägt') bis zu den Liedaufnahmen von
Ernst Busch und Pete Seeger, um aus der großen
Zahl künstlerischer Reflexionen des Bürgerkriegs
nur einige Beispiele zu nennen. Auf Seiten der
Republikaner in den Internationalen Brigaden
kämpfend oder das Geschehen als Berichterstat-
ter miterlebend, entstand hier operative Kunst,
die bis heute weiter wirkt und zugleich jenen
'Mythos Spanien' mit erzeugt hat, zu dem sich
Linksdenkende in aller Welt bis heute bekennen
– auch mit dem Wissen, dass es sich hier am Ende
um Kunst einer Niederlage handelt.
In Spanien selbst war intensive Beschäftigung
mit dem Thema Bürgerkrieg erst nach Ende der
Franco-Diktatur 1976 möglich. Dazu sei der
Kunsthistoriker Jaime Brihuega zitiert, der 2003
festhielt:
"Der Bürgerkrieg wird von den Spaniern
auch als 'unser Krieg' bezeichnet; und er ist selbst
für solche Spanier zu 'unserem Krieg' geworden,
die erst einige Jahre nach seinem Ende geboren
wurden. Nach diesem Ende nahm das Franco-Re-
gime den Spaniern über lange Jahre jede Möglich-
keit, die Erinnerung an die Zeiten des Bürgerkriegs
wieder ins Bewusstsein zu rufen. Allein der Versuch
führte zu traumatischen Erfahrungen. Es herrschte
gnadenlose Zensur. Heute aber sind wir dank der
erlangten demokratischen Normalität in Spanien
imstande, mit abgeklärtem Blick das Erbe dieser
dunklen Zeit endlich zu untersuchen. Und da wird
sichtbar: Der Spanische Bürgerkrieg hat ganz ei-
gene künstlerische Ausdrucksformen hervorge-
bracht, er hat ein beeindruckendes kulturelles und
künstlerisches Erbe hinterlassen."
Zu diesen ganz
eigenen Ausdrucksformen zählte, wie nicht sel-
ten im Zuge großer historischer Auseinanderset-
zungen, das Singen tradierter wie neu ent-
stehender Volks- und Kampflieder.
Die vorliegende Edition präsentiert – erstmals
in diesem Umfang – mehr als 120 'Spanienlieder'
auf 7 CDs. Dabei stehen hierzulande wenig bis
gar nicht bekannte Lieder des spanischen Volkes
und der republikanischen Armee neben Stücken,
die bei den Internationalen Brigaden entstanden
und gesungen wurden. Von besonderer Authen-
tizität sind die zu hörenden historischen Schel-
lackeinspielungen: drei ebenso seltene wie legen-
däre Plattenalben ('Canciones de las Brigadas In-
ternacionales', Barcelona 1938 / 'Behind The Bar-
bed Wire', New York 1941 / 'Songs Of The Lincoln
Brigade', New York 1944) sowie knapp 20 Lied-
einspielungen, die 1937/38 in Paris sowie Barce-
lona entstanden und auf Schellackplatten
veröffentlicht wurden. Gleiche Authentizität ver-
mitteln die mehr als 40 Farbreproduktionen re-
publikanischer Plakate sowie die Faksimile-
wiedergabe einer Bildmappe von 1936 im Be-
gleitbuch. Dort finden sich auch sämtliche Lied-
texte in dreisprachiger Fassung. Wo in diesem
"Wie könnten wir je
vergessen das Land…"
L I E D E R D E S
S P A N I S C H E N
B Ü R G E R K R I E G E S
"Optimismus, das bedeutet nicht oberflächliche
Sicht auf Dinge und Geschehnisse. Optimismus ist
eine menschliche Kraft, die sich behauptet, wenn
sie in Berührung gerät mit Verzweiflung und
gleichzeitig Hoffnung."
Carlos Palacio
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