Wer war/ist Kurt Demmler ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Kurt Demmler
Kurt Demmler (eigentlich Kurt Abramowitsch), geboren 1943 in Posen, aufgewachsen in Klingenthal, studierte 1963-1969 Medizin an der Karl-Marx-Universität Leipzig und arbeitete bis 1976 als Facharzt für Allgemeinmedizin.
Als Schüler sang er im Kirchenchor, mit Bigband und symphonischem Orchester und gründete seinen ersten Songklub. Um 1965 begann er, Lieder zu schreiben und sie bei Medizinerbällen und Volksfesten vorzutragen. Sie fanden nicht nur Resonanz bei den Studenten, sondern auch bei Universitätsleitung und Staatssicherheit. Nach Androhung von Exmatrikulation und Zuchthaushaft erklärte sich Demmler bereit, nur noch im Universitätsrahmen und mit zensierten Liedern aufzutreten. Eine Redakteurin des Jugendsenders DT 64, die ihn bei einem regionalen Chansonwettbewerb gehört hatte, ignorierte das jedoch, holte ihn nach Berlin und brachte ihn mit dem Hootenanny-/Oktoberklub zusammen. Das sozialistische Engagement und die Aufbruchstimmung der jungen Singebewegung rissen ihn mit und inspirierten ihn zu einigen politischen und agitatorischen Liedern. "aber er schämte sich ihrer nie, sondern sang sie einfach nicht mehr, wenn sie für ihn nicht mehr stimmten (bedauerlich ist nur, daß sie von 'höherer' Seite noch lange für ihre Zwecke benutzt werden konnten)" (Demmler).
Wegen persönlicher und politischer Differenzen wurde Demmler Ende 1967 aus dem Oktoberklub ausgeschlossen. Er baute ein Singestudio an der Karl-Marx-Universität Leipzig auf und begann hier die Zusammenarbeit mit Musikern, die als Butlers 1965 verboten und als Klaus Renft Combo später berühmt wurden. Kurt Demmler tourte mit Soloprogrammen durch die DDR und besang mehrere Langspielplatten. Vor allem aber wurde er Textautor für zahlreiche Bands und Rock- und Popinterpreten. Er wurde "einer der begründer des ostrocks, dessen kennzeichen eine lyrisch verschlüsselte textsprache wurde, die einzige möglichkeit daselbst, dinge zu sagen, die eigentlich nicht gesagt werden durften. so wurde auch das publikum zum interpreten, aber leider auch die verantwortlichen funktionäre deuteten fleißig drauf los. und beide seiten übertrieben gelegentlich und verstanden dinge, an die die autoren noch gar nicht gedacht hatten. ein ewiges enigmaspiel, verschlüsseln und entschlüsseln" (Demmler).
www.demmlersong.de
KURT DEMMLER
1. Maria – 2. Irgendeiner ist immer dabei
Für den Musikkritiker Wolfgang Lange war Kurt Demmler "ein Interpret von Rang und der wichtigste Chansonnier der DDR". Demmler hatte Ende der 60er Jahre wichtige Erfahrungen in Gruppen wie dem Oktoberklub und dem Singestudio der Karl-Marx-Universität Leipzig gemacht und tourte in den 70er und 80er Jahren mit Soloprogrammen durch die DDR (zum Beispiel 1973 'Auf die Gesichter will ich euch Kerzen pflanzen', 1983 'Die Lieder des kleinen Prinzen' nach Antoine de Saint-Exupéry). Daraus entstanden mehrere Langspielplatten.
Zum Internationalen Frauentag 1970 schrieb Demmler das Lied Maria. Er sang es bei einer Frauentagsfeier des Rundfunks und nahm es anschließend im Studio auf. Es wurde sein populärstes Lied. Selbst in der für nachdenkliche Lieder eigentlich ungeeigneten Showsendung 'Ein Kessel Buntes' beeindruckte es das Publikum. Die Autorin Regina Scheer meinte 1982: "Die Befreiung der Frau von bürgerlichen Fesseln – ein für uns alltäglicher Prozeß, der massenhaft zu beobachten ist und doch neue Widersprüche, neuen Schmerz hervorbringt. Demmlers Lied gehört zu den besten Kunstwerken, die zu dem Thema bei uns entstanden sind."
Im Singestudio der Karl-Marx-Universität Leipzig begann Demmlers Zusammenarbeit mit Rockmusikern. Er schrieb nun über seine eigenen Vortragssongs hinaus Texte, zunächst für die Claus Renft Combo(Wer die Rose ehrt), später für zahlreiche andere Rockgruppen und Popinterpreten, u. a. Stern-Combo Meißen (Der Kampf um den Südpol), electra (Die sixtinische Madonna), Nina Hagen (Du hast den Farbfilm vergessen) und Veronika Fischer (Daß ich eine Schneeflocke wär). Demmler wurde"einer der Begründer des Ostrocks"(Demmler über Demmler) und "erfolgreichster Songtexter der DDR" (Nina Hagen).
Demmler erhielt hohe Auszeichnungen wie den Kunstpreis (1973) und den Nationalpreis (1985) der DDR, zeitweilig aber auch Auftrittsabsagen und -verbote wegen einzelner Lieder oder zum Beispiel der Unterzeichnung der Biermann-Petition 1976. Demmler trat auch im Westen auf, aber er kam immer wieder zurück, denn er wollte die Probleme der DDR nicht von außen, sondern im Lande klären. Rückblickend sagte er, trotz Bespitzelung und Auftrittsverboten habe es in der DDR Ideale gegeben, die ihn bis an seinen letzten Tag begleiten würden, und er "hatte als Künstler der DDR eine Wirkung und eine Aufgabe, weil so vieles in ihr nicht stimmte und erst noch zum Stimmen gebracht werden mußte."
Demmlers letztes politisches Soloprogramm hieß 'Gute Macht, Freunde' (1988). Daraus sang er bei der Demonstration am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz das Stasi-Spottlied Irgendeiner ist immer dabei. Zuvor hatte er am 18.9.1989 die Resolution der Rockmusiker und Liedermacher für Demokratisierung und Medienfreiheit mitunterzeichnet und sie in seinen Konzerten verlesen. Dabei erlebte er kurz vor der Wende noch, wie Bereitschaftspolizei ein Kulturhaus umstellte und Stasimitarbeiter durch Tumult eine Veranstaltung zu beenden versuchten.
Bis 1993 trat Demmler mit seinen Exupéry-Adaptionen 'Die Lieder des kleinen Prinzen' und 'Windsandundsternenlieder' auf und zog sich dann aus der Öffentlichkeit zurück. Seit 1995 sind zahlreiche Rock- und Poptitel mit Texten von ihm auf CD wiederveröffentlicht worden. Demmler bietet seine Texte heute im Internet zur Vertonung an.
www.demmlersong.de
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.2, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.2-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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