Wer war/ist Karls Enkel ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Karls Enkel


Karls Enkel war eine politische Liedermachergruppe, die mit theatralischen Mitteln arbeitete und sich daher als 'Liedertheater' bezeichnete. Texte für die Gruppe schrieben Hans-Eckardt Wenzel (geboren 1955 in Kropstädt bei Wittenberg), bis 1979 Werner Karma (geboren 1952 in Berlin) und ab 1979 Steffen Mensching (geboren 1958 in Berlin). Die Kompositionen stammten von Wenzel, Stefan Körbel (geboren 1953 in Berlin) und Rolf Fischer (geboren 1953 in Dortmund). Aber wessen Enkel wollten sie sein? Welcher Karl war gemeint, Karl Marx, Karl Kraus, Karl Valentin? Sie hatten wohl eher die letzten beiden im Visier. 'Biermanns Enkel' wurden sie zuweilen auch genannt. Aber sie wollten "keine Götzenanbeter sein, ganz egal, ob die Götzen nun in Wandlitz wohnhaft sind oder in der Chausseestraße" (Werner Karma). Die Gruppe kam aus der Singebewegung, stieß sich jedoch kritisch von dieser ab. Hans-Eckardt Wenzel sagte später dazu: "Karls Enkel lag das Konzept zugrunde, von einer fruchtlosen, äußerlichen, zur Phrase erstarrten Haltung wegzukommen, in die die Singebewegung hineingeraten war. Der Anfang war der Anti-Punkt, dass so nicht weitergemacht werden kann. Wir wollten uns wieder dem alten Widerspruch zwischen unserem Selbst und der Umwelt nähern, wieder auf die authentischen Erlebnisse zurückgreifen." Die Gruppe wandte sich zunächst Gegenwartsthemen zu. 'Komm rücken wir näher zusammen' hieß ihr erstes Programm, 'Vorfahrt' (1978) das zweite. Daraus stammt das Lied Meine Zeit. Es bezieht sich auf das Gemälde 'Junges Paar' von Jens Heller, das in der Dresdener Kunstausstellung für einiges Aufsehen gesorgt hatte.

Karls Enkel wurden gefeiert und leiteten nach dem Auf- und Abstieg der Singebewegung eine neue Phase kritischer Liedkultur ein. Klaus-Peter Schwarz wertete sie als "Aufforderungen, Vorschläge und Versuche, den Sozialismus zu sehen, im Hineinwachsen zu sehen und zu besingen – wie Enkel. Wie Enkel: mit Bewunderung, mit Zweifeln, achtungsvoll, nachfragend, respektlos, Ererbtes bekräftigend und manchmal verwerfend". Der Musikwissenschaftler Günter Mayer lobte "die strenge Ökonomie im Einsatz der Mittel". Auch die FDJ nahm sie zunächst mit offenen Armen auf und verlieh ihr 1979 ihren Kunstpreis, die Erich-Weinert-Medaille. Aber im selben Jahr kam es zur ersten Kollision. Das Programm 'Zieharmonie' stieß allzu sehr an die Grenzen dessen, was die FDJ für tolerierbar hielt. Man ging auf Distanz zueinander. Karls Enkel suchten sich andere Spielstätten und Kooperationspartner, waren aber dennoch nahezu jedes Jahr beim Festival des politischen Liedes präsent.

Die Gruppe wandte sich jetzt 'toten Dichtern' zu. Wenzels Begründung dafür lautete: "Schon bei der Erarbeitung der ersten Programme haben wir gemerkt, daß man in den Provinzialismus abgleitet, wenn man sich auf unmittelbares Erleben beschränkt und das philosophische Vordenken, Vorausdenken fehlt. Wir mußten da schon anfangen, geschichtlich zu weiten, siehe Französische Revolution oder später der Spanische Bürgerkrieg, um Bögen zu entwickeln, die mehr bieten als nur eine Augenblicksbeschreibung."

In den Folgejahren entstanden zahlreiche Programme, darunter 1980 'Von meiner Hoffnung laß ich nicht oder Der Pilger Mühsam' (ein Erich-Mühsam-Abend), 1982 'Dahin! Dahin! Ein Göte-Abend', 'Hammer=Rehwü' (mit Wacholder und Beckert & Schulz) und 1984 'Spanier aller Länder'. Die Gruppe war sehr produktiv und bestritt viele Auftritte. In den Medien allerdings tauchte sie eher selten auf. Eine eigene Langspielplatte wurde nicht eingespielt, nur auf einem Sampler, dem Veranstaltungsmitschnitt 'Ein Kessel Rotes' von 1980, waren sie vertreten.

Nach der Auflösung von Karls Enkel 1985 arbeiteten einige Gruppenmitglieder als Solisten und in verschiedenen anderen Projekten und Formationen weiter, so u. a. Hans-Eckardt Wenzel und Steffen Mensching (bis 1999 als Clownsduo Wenzel & Mensching), Stefan Körbel (Liedermacher, Label Nebelhorn) und Rolf Fischer (Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot, Theatermusiken). 1987 vereinten sich ehemalige Karls-Enkel-Mitglieder und weitere Mitwirkende zum Gemeinschaftsprojekt 'Die Sichel-Operette – Ein soziales Experiment mit viel Musik'.

 

Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.3, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.3-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

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