Wer war/ist Morgenrot ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Morgenrot
Endrick "Enny" Gerber (voc, g) Christian "Krischan" Günther-Schaller (g) Ronald "Ronny" Bosien (dr) Hans-Jürgen "Dübbel" Straub (key) Lutz "Lutze" Woite (b)
Sie schrieben bereits Mitte der 70er Lieder mit deutschen Texten, Lieder über Motorradfreaks, über (Traum)-Frauen, über Frust und Wut, Hoffnung und Kampf. Lieder über ihre eigene Vergangenheit, in der nicht nur die Berliner Anhänger ihre eigene Jugend wiedererkennen konnten. Ihr Motto war: "Alle Gute kommt von Unten". An diesem Satz stimmte so Einiges, u.a. auch die Beschaffung eines Teils der Instrumente. Nachdem der "Led Zepplin"-, "Deep Purple"- und "Cream"-Fan Endrick Gerber 1968 in seiner Stammkneipe den Gitarristen Lutz Woite kennenlernte und sich mit ihm anfreundete, fand der eines Tages "auf einer Müllhalde einen nahezu intakten 'Höfner'-Bass und schloss ihn an eine Steroeanlage an. Rockhistoriker sehen in diesem Akt aus heutiger Sicht die Gründung einer Band, die noch Geschichte machen sollte" (Pressetext).
Nachdem sich Gerber und Woite eine Weile aus den Augen verloren hatten und später in einer WG wieder zusammengekommen waren, fanden sie in Christian Günther-Schaller 1974 den Dritten im Bunde. Sie tauften die erste gemeinsame Band "Iris" und spielten ihren Debüt-Gig auf einer geliehenen Anlage im "Fuchsbau" in Berlin-Reinickendorf, gefolgt von etlichen Konzerten in den angesagten Jugendheimen. Mit Ronald Bosien wurde ein Schlagzeuger gefunden, der dem ganzen Band-Projekt einen professionelleren Anstrich verpasste. Das mittlerweile im Arbeiterviertel Kreuzberg lebende Quartett kaufte sich langsam eine Anlage zusammen und fand einen Übungsraum in der "Wrangelkaserne" - im gleichen Gebäude wie "Locomotive Kreuzberg". Beide Bands spielten 1975 beim Pfingstfestival in Wesel - "Iris" zum ersten mal als "Morgenrot". Nach einer "durchsoffenen Nacht hatte man sich, in der Küche sitzend, gleichermaßen aus politischen Motiven und aufgrund der aktuellen Tageszeit für den Namen 'Morgenrot' entschieden" (Ronald Bosien). Zurück in Berlin, gab Sänger Enny Gerber endgültig das Gitarrespielen auf - "ich war zu faul, es richtig zu lernen" (Gerber). Zusätzlich kam Keyboarder Hans-Jürgen Straub als fünftes Mitglied zur Gruppe. Um sich die ersten fünf Jahre finanziell über Wasser zu halten und die Anlage aufzustocken, unterhielt das Kollektiv die "Morgenrot"-Kneipe, in der man immer irgendwelche Musiker der Szene treffen konnte. In der Nähe dieses Insider-Treffs lag auch der Probenraum von "Morgenrot". Diese Kneipe garantierte anfänglich finanzielle Unabhängigkeit und gab der Gruppe die Möglichkeit "nicht jeden Mist-Gig ohne weiteres annehmen zu müssen" (Gerber).
Der Erfolg von "Lokomotive Kreuzberg" - die inzwischen als "Nina Hagen Band" Karriere machten – ermutigte "Morgenrot", konsequenter an der eigenen Karriere zu arbeiten. So wurden die Songs bei einigen größer angelegten Konzerten – mit viel Presserummel – u.a. auch im Berliner "Quartier Latin" im Herbst 1978 live vorgestellt. Die Band entwickelte sich - auch durch Ennys eigenwilligen Gesangsstil geprägt - bald zum Geheimtip. Als Reaktion bekamen "Morgenrot" konkrete Angebote von verschiedenen Plattenfirmen. Der Fotograf und Foto-Journalist Jim Rakete stellte den Kontakt zu "CBS" her und im Frühsommer 1979 nahmen "Morgenrot" im Berliner "Hansa-Studio" unter der Leitung von Tom Müller mit dem Toningenieur Michael Zimmerling ihr Debütalbum auf. Die Veröffentlichung wurde – wieder – im "Quartier Latin" mit drei Konzerten zelebriert, und zwar mit "grundsolidem, fetzigen Rock, prägnanten und bissigen Gitarrenriffs. Endlich traute sich mal einer diesen satt-röhrenden 'Hammond B 3'-Klang mit Vollgas auszufahren" (MUSIK EXPRESS). "Morgenrot" spielten "Rock 'N' Roll mit deutschen Texten. Rock 'N' Roll, der konventionell ist, aber losgeht und gute Laune macht" (SOUNDS). Für ihr Debüt wurde die Band mit dem "Deutschen Schallplattenpreis" ausgezeichnet.
Das zweite Album "Ganz Nah Dran" erschien 1980 und war von Udo Arndt extrem professionell produziert worden, dass zu hören "zunächst immensen Spaß machte" (MUSIK EXPRESS) und wurde nach Veröffentlichung auf einer 16-Städte-Tournee live vorgestellt. "Es waren realistische kleine Episoden, zornige, aber auch selbstironische Darstellungen vom Leben in einer scheinbar heilen Welt. 'Morgenrot' kritisierte nicht, zeigte aber die Schwachstellen der Gesellschaft in schonungslos offenen, ja drastischen Worten auf. (DIE WELT) und enthielt "Persiflagen auf die High-School-Schnulzen der Rock 'N' Roll-Zeit" (FRANKFURTER RUNDSCHAU). Zwischenzeitlich hatte sich Keyboarder Straub den Künstlernamen Karo Ceh zugelegt. Er wollte – laut eigener Auskunft – nicht mehr "Dübbel" genannt werden, und da er zu dieser Zeit gerne Sackos mit Karos trug, machte irgendjemand den Vorschlag, dass er sich einfach Karo nennt. Die Idee fand Straub gut, bestand aber auf Caro mit C. Fortan nannte er sich Caro Ceh.
Im Frühjahr 1981 beteiligten sich "Morgenrot" (u.a. mit "Insisters", "Ideal") an der "Berliner Rock-Circus"-Tournee. In diesem Umfeld der neuen deutschen Gruppen, wirkten die traditionsbewussten Musiker, die am harten Rocker-Image festhielten, fast zwangsläufig wie Fossilien. Die "NDW" begann, auch von der Plattenindustrie lanciert, langsam die kommerzielle Oberhand zu gewinnen und "Morgenrot" bedienten nur eine Nische dieser neuen Musik, denn sie blieben ihrer Musik treu, waren aber auch nicht gänzlich unbeeindruckt von den neuen Sounds. Anfang 1982 produzierte die Band – wieder mit Udo Arndt – ihr drittes Album "Geld Macht Glücklich", bei dem sie ihre Rock-Bodenständigkeit zu Gunsten des "NDW"-Trends opferten, aber immer noch "bodenständigen Rock auf solider rhythmischer Basis lieferten" (INTERNATIONAL MUSICIAN), trotzdem schafften sie auch damit nicht den großen kommerziellen Durchbruch. Im Sommer standen "Morgenrot" gemeinsam mit den "Neonbabies" und dem "1. Futurologischen Congress" vor den Fernsehkameras der "SFB-Rocknacht", gefolgt von Festival-Auftritten in Kiel und in München. Dort lernte Sänger Gerber den "NDW"-Star Markus kennen, der gerade auserkoren war – gemeinsam mit Nena – in dem Wolfgang Büld-"NDW"-Kino-Musikfilm "Gib Gas, Ich Will Spaß" die männliche Hauptrolle zu übernehmen. Gerber wurde die Rolle des Tino (ein arbeitslosen Frauenheld, der auf einem Jahrmarkt jobt – Gegenspieler von Markus - Robby) angeboten und er sang den "Morgenrot"-Song "Feuerwehrmann". Trotz des relativen Erfolges verlängerte "CBS" den Vertrag nicht und "Morgenrot" mussten erstmal ohne Vertrag auf Tournee gehen. Im April 1983 veröffentlichte Günther-Schaller (als Krischan) mit "Mein Saxophon" seine Solo-Debüt-Single. Zu Ostern traten "Morgenrot" zwei Tage im Berliner "Quartier Latin" auf, um ein Live-Album mitzuschneiden, dass allerdings unveröffentlicht blieb, da Morgenrot keine andere Plattenfirma fand.
"Wir haben immer in der 2.Liga gespielt. Und wir haben immer soviel verdient, dass wir uns nicht auflösen konnten, und zu wenig, um in die 1.Liga aufzurücken" (Gerber). So begannen die Musiker eigene Projekte in die Hand zu nehmen. Enny Gerber begann im selben Jahr – unter der Regie von Bernd Potschka ("Spliff") - Solotitel aufzunehmen. Im Herbst 1983 erschien dann mit "Da Waren Wir Noch Nie" die Enny-Solo-Debüt-Single – mit Straub und den den Jungs von "Extrabreit" als Chor. Schlagzeuger Bosien schloss sich der Berliner Band "Mobile Disaster Unit" an und Krischan arbeitet gemeinsam mit dem Peter-Maffay-Keyboarder Thomas Glanz an seinem Solo-Debüt "100 Tage Vor Kairo".
1984 war das Jahr des (vorerst) endgültige Aus für "Morgenrot". Karo Ceh und Bosien gründeten 1987 die Band "Karo", die ein Jahr später ein handwerklich solides, aber nur mittelmäßiges englischsprachiges Heavy-Rock-Album namens "Heavy Birthday" veröffentlichten. 1996 vereinigten sich "Morgenrot" wieder ein Jahr später erschien ein Live-Album mit Aufnahmen aus Berlin vom Jahr davor. Allerdings wurde da Krischan von Joey Albrecht (g)(ex-"Karthago") ersetzt und Manne Opitz war als zusätzlicher Keyboarder engagiert worden.
Enny Gerber starb im August 2001 und Ronnie Bosien im Mai 2010. Seit 2014 stellt Krischan als Christian Tessen deutsch- und englischsprachige Songs auf die "YouTube"-Plattform, die er wieder mit der Unterstützung von Thomas Glanz und Udo Arndt aufgenommen hatte und präsentiert sich dort als sensibler und politischer Singer/Songwriter.
Enny Gerber starb im August 2001 und Ronnie Bosien im Mai 2010. Seit 2014 stellt Krischan als Christian Tessen deutsch- und englischsprachige Songs auf die "YouTube"-Plattform, die er wieder mit der Unterstützung von Thomas Glanz und Udo Arndt aufgenommen hatte und präsentiert sich dort als sensibler und politischer Singer/Songwriter.
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