Wer war/ist Fiedel Michel ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Fiedel Michel
Der Reiche und der Arme
In Münster begann 1973 die Geschichte von Fiedel Michel – oder, besser gesagt, in England. Denn in London sah der Gitarrist und Sänger Martin Hannemann auf einem Schulausflug mit seiner Abiturklasse ein Konzert der Dubliners. "Kurz darauf bin ich nach Münster gekommen. Wo ich den Geiger Michael Thaut kennenlernte. Wir traten zunächst als Duo auf und haben irische Sachen, zumeist aus dem Repertoire der Dubliners, rauf- und runtergespielt. Damals nannten wir uns Rambling Pitchforkers. Kurz darauf, im Sommer '73, kam Thomas Kagermann an der Fiddle dazu. Der erste gemeinsame Auftritt war beim Folk-Festival in Erlangen – als Fiedel Michel" ('Folker!', 5/1998). Fiedel Michel kommt das besondere Verdienst zu, nicht nur verschüttete Volkslieder für ihre Platten ausgegraben zu haben, sondern auch "insbesondere auf dem Volkstanzsektor bedeutendes durch Bearbeitungen und Veröffentlichungen geleistet" zu haben, schreibt Kaarel Siniveer im 'Folk-Lexikon'.
Das Blutgericht ist der 1973 erschienenen ersten Langspielplatte von Fiedel Michel entnommen. Martin Hannemann erinnert sich an die damaligen Aufnahmebedingungen im Studio von Detlev Wiemann in Osnabrück: "Das 'Studio' bestand aus seinem Wohnzimmer, in dem ein Zweikanal-Tonband lief, und wir saßen in der Couchgarnitur und spielten. Ein Problem war, daß seine Frau hin und wieder an den Kühlschrank mußte. Der ging dann natürlich immer von selbst an und aus, um den Temperaturunterschied wieder auszugleichen. Das wiederum führte aber immer zu einem Knacksen bei der Aufnahme, so daß von Detlev ein 'Kühlschranknutzungsverbot' erteilt wurde, ganz zum Entsetzen seiner Frau."
Fiedel Michel waren für die damaligen Verhältnisse sehr erfolgreich. "Da wir da wohl eine echte Marktlücke mit deutschen Liedern entdeckt hatten, wurden wir schon fast euphorisch", sagt Martin Hannemann. "Vorbilder in Deutschland gab es so gut wie keine, jedenfalls haben wir sie nicht als solche wahrgenommen. Unsere Idole kamen von den britischen Inseln. Der eigentliche Hinweis, doch deutsche Lieder zu spielen, kam von der Gruppe Rum aus Belgien, die flämische Stücke interpretierten. Und so haben wir Tage in deutschen Volksliedarchiven auf der Suche nach geeigneten Werken verbracht. Die Suche nach Liedern war aber sehr mühsam, von ca. 100 Liedern war oft nur eins dabei, was spielbar (und singbar) war. Lieder über ein 'schwarzbraun Mägdelein', das dann den Förster trifft, um mit ihm neckische Spielchen zu treiben, waren uns selbst damals zu trivial. Ein Durchbruch war dann die Entdeckung des Buches von Steinitz: 'Demokratische Volkslieder aus sechs Jahrhunderten', das dann schon fast Bibelcharakter hatte."
Zu den Liedern, die Fiedel Michel entdeckten, gehören die auf ihrer EP 'Fiedel Michel No. 2' veröffentlichte Volksweise Es soll sich der Mensch nicht mit der Liebe abgeben und das der LP 'Fiedel Michel No. 4' entnommene Stück Der Reiche und der Arme, eine Bauernballade aus Franken, die um 1600 herum entstanden sein soll. Im Original hat dieses Lied, in dem das Unrecht der reichen Bauern in der Hölle gerächt wird und der Arme dagegen in den Himmel kommt, 24 Strophen.
Trotz des Erfolgs fehlte Fiedel Michel die Konstanz. Musiker kamen und gingen. So gründete Thomas Kagermann 1978 die Folkrockband Falckenstein. 1982 war es dann aus mit Fiedel Michel, "weil einfach nicht mehr genug Geld verdient werden konnte, um die Sache professionell zu betreiben". Ab 1998 gab es gelegentliche Reunionkonzerte mit Hannemann, Kagermann und dem 2001 verstorbenen Mick Franke, der auf seinem Label Slow Motion zum 25jährigen Jubiläum der Gruppe den CD-Sampler 'Es ist an der Zeit' veröffentlicht hatte. Darauf finden sich Lieder, die 1979 und 1981 in Dublin mit illustren Gästen wie Paddy Moloney und Davey Spillane aufgenommen worden waren. Für 2007 haben Martin Hannemann und Thomas Kagermann angekündigt, wieder gemeinsam aufzutreten.
www.fiedel-michel.de/index.htm
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.1, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.1-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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