Wer war/ist Perry Friedman ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Perry Friedman

Perry Friedman (1935-1995) war ein kanadischer Folksänger, der nach dem Vorbild von Pete Seeger Volkslieder und politische Songs zum Banjo sang und über Auftritte bei linken Organisationen in England und Dänemark 1959 nach Ostberlin gekommen war. Er trat in der DDR und in der BRD auf (u. a. bei den Ostermärschen der Atomwaffengegner), machte Schallplattenaufnahmen und gab eine Sammlung amerikanischer Arbeiterlieder in Nachdichtungen von Heinz Kahlau heraus ('Hör zu, Mister Bilbo'). Neben amerikanischen und internationalen Songs sang er deutsche Volks- und Arbeiterlieder und schrieb eigene Titel, meist nach Texten von Heinz Kahlau. Vor allem aber versuchte Friedman, die Hootenanny genannte Form des zwanglosen, geselligen Singens, die er aus Nordamerika kannte, in der DDR zu etablieren. Es bedurfte einiger Überredungskünste, um die Aversion verantwortlicher Funktionäre gegenüber allem Amerikanischen und Englischen zu überwinden und sie davon zu überzeugen, daß Hootenanny eine progressive Tradition des "anderen Amerika" war. Schließlich konnte Friedmans Hootenanny-Mission starten. Mitwirkende der ersten Veranstaltungen waren u. a. Lin Jaldati, Gisela May und Gerry Wolff. In einem Pressebericht hieß es: "Ein deutscher Ausdruck für Hootenanny ist deshalb nicht zu finden, weil die Sache bei uns bisher nicht existierte. Vielleicht könnte man Rundgesang dazu sagen – aber das trifft auch nicht ganz zu." Friedman kommentierte später seine Anfänge in der DDR: "… es war die Zeit der Kofferradios. Die Fähigkeit, selbst zu singen, und die Lust an Liedern schienen bei den Jugendlichen verschüttet zu sein. Volkslieder galten als unmodern, als geradezu lächerlich. Aber in den wenigen Konzerten dieser Art reagierten die Leute gut, echt interessiert und beinahe überrascht … das Bedürfnis, gemeinsam zu singen, halbvergessene Lieder wiederzufinden, lag in der Luft."

Als das internationale Folkrevival 1965/66 in Westeuropa und damit auch in der BRD einen Höhepunkt erreichte, strahlte das auch auf die DDR aus. 1965 startete der Jugendsender DT 64 die Veranstaltungsreihe 'Treff mit Perry', und 1966 entstand der erste Hootenanny-Klub in Berlin, weitere Klubs folgten. Nach dem 11. Plenum des ZK der SED, das im Dezember 1965 Beatmusik und Biermann verbot, verstärkte sich die offizielle Förderung der neuen Singebewegung. So wurden große Vorzeigekonzerte veranstaltet, zwei Langspielplatten 'Hootenanny' mit Perry Friedman erschienen.

Friedman hatte seine Hootenannys Anfang der 60er Jahre mit einigen Berufssängern begonnen, 1966/67 griffen jedoch immer mehr junge Leute zur Gitarre. Sie ließen sich von ihm anregen, wollten dann jedoch ihre eigenen 'DDR-konkreten' Lieder singen und nabelten sich von ihm ab. Hinzu kam zeitgleich eine offizielle 'Anti-Amerikanismen'-Kampagne. Der Begriff Hootenanny war nun verpönt. Für den Hootenanny-Missionar Perry Friedman wurden die Auftritte rar. Als er an offizieller Stelle nach der Ursache und dem Urheber forschte, wollte es niemand gewesen sein. Friedman stand jetzt mit der Schriftstellerin Gisela Steineckert der Beratergruppe der FDJ-Singebewegung vor, führte Lehrgänge durch, gab Konzerte und wurde 1971 zunächst mit großem Bahnhof nach Kanada verabschiedet. 1976 kehrte er jedoch zurück, engagierte sich auch in der inzwischen gewachsenen Folkloreszene und erhielt 1979 für die Förderung der FDJ-Singebewegung den Nationalpreis der DDR (im Kollektiv).

In den 80er Jahren war Friedman häufiger Gast beim Festival des politischen Liedes, trat bei Friedenskonzerten in Ost und West auf und machte DDR-Tourneen mit in- und ausländischen Sängern. Höhepunkt der ersten Tournee war das legendäre Konzert am 25. Oktober 1983 im Berliner Palast der Republik, bei dem auch Harry Belafonte und Udo Lindenberg auftraten.

Nach einem Herzinfarkt 1988 und einer schweren Nierenoperation im darauffolgenden Jahr führte er einen verzweifelten Kampf ums Überleben. Er versuchte ein künstlerisches Comeback mit dem Programm 'American Folk And Classical Music'. Da er das schwere Banjo nicht mehr halten konnte, sang er jetzt zur Klavierbegleitung. 59jährig starb Perry Friedman in Berlin.

Brigitte Friedman, die Witwe, veröffentlichte 2004 die unvollendeten Memoiren ihres Mannes, ergänzt durch Beiträge von Freunden und Weggefährten wie Heinz Kahlau, Eberhard Rebling und Hannes Stütz, unter dem Titel 'Wenn die Neugier nicht wär’ – Ein Kanadier in der DDR'.

Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.2, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.2-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

Copyright © Bear Family Records® Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, oder jede andere Art der Wiedergabe, einschließlich Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigung auf Datenträgern, in deutscher oder jeder anderen Sprache nur mit schriftlicher Genehmigung der Bear Family Records® GmbH.

Weitere Informationen zu Perry Friedman auf de.Wikipedia.org

Filter schließen
Für die Filterung wurden keine Ergebnisse gefunden!