Wer war/ist Joana ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Joana
"Ihre Lieder sind von hier und jetzt, sie hat etwas zu sagen, und sie tut es" (Ulrich Roski)
Auf der Hülle ihres ersten Albums stand noch: "Gesang und Gitarre: Hanni Emetz". Das war 1968 und die Platte hieß 'Folklore International'. Ihr erste LP mit eigenen Liedern erschien drei Jahre später unter dem Titel 'Für Dich, Du heile Welt'. Da hatte die 1944 in Neustadt/Schwarzwald geborene Johanna Emetz schon ein Jahr als Lehrerin gearbeitet, bevor sie beschloß, den Beamtenstatus aufzugeben, um als freischaffende Sängerin und Liedermacherin zu arbeiten. Joana weist in ihrem Repertoire eine außerordentliche stilistische Vielfalt und einen weiten Horizont auf, die für Mathias Henke "allerdings keine späte Ernte ihrer Karriere [sind], sondern sie durchziehen die Laufbahn der Sängerin wie ein roter Faden" ('Hermes Handlexikon: Die großen Chansonniers und Liedermacher'). Joana sang von Anfang an neben ihren eigenen Liedern deutsche und internationale Folklore, Chansons von Brassens, Brel, Moustaki und Barbara. "Sie deckt einen Zwischenbereich ab", schrieb Heinz Mees 1979 in einem Porträt über die Künstlerin in der Zeitschrift 'Folk-Magazin'. "…nicht so politisch ernst wie Deter, Vargas, Mey. Nicht so privat wie Horn. Nicht so oberflächlich wie … ja, da fallen einem dann wieder nur Männer ein: Insterburg & Co zum Beispiel. Aber was ist sie denn eigentlich? Ich gestehe, mir fällt kein Begriff ein, keine Schublade, die so richtig passt. Joana scheint mir vielseitig, nicht so eng festgelegt, und das ist positiv gemeint."
Gretna Green ist jenes kleine schottische Dorf direkt hinter der Grenze zu England, das lange beliebtes Ziel vor allem für nicht-schottische minderjährige Heiratswillige war, da man sich hier (wie in ganz Schottland) auch ohne elterlichen Segen noch vor dem 21. Lebensjahr trauen lassen konnte. Ab 1969 wurde diese Regelung für ganz Großbritannien (einschließlich Schottland) auf 18 Jahre vereinheitlicht. In der BRD wurde die Volljährigkeit jedoch erst 1975 auf dieses Alter herabgesetzt, und als Flucht aus elterlicher Enge und Umklammerung war für manche die Freiheitsreise nach Gretna Green ein 'revolutionärer' Schritt. 'Vorbild' für Joanas Lied Und mit Dir wollt’ ich mal nach Gretna Green ist ein ehemaliger Freund, mit dem sie – außer ihrer Zuneigung – viele intellektuelle Gemeinsamkeiten sowie politische Ziele und Sympathien (Die Falken, SDS) verbunden haben. "Nach unserer Trennung hatten wir uns mehrere Jahre aus den Augen verloren. Ein zufälliges Wiedersehen gestaltete sich ernüchternd: Er war in die Fußstapfen seines dereinst so verachteten Vaters, eines Immobilienmaklers, getreten und fuhr im roten Porsche-Coupé als selbstherr-licher Macho durch die Gegend! Als ich ihn mit der Frage: 'Bestimmt dein Sein dein Bewußtsein?', begrüßte und die Erinnerung an die 'Dreigroschenoper' wach rufen wollte, aus der wir vor Jahren mit dem Ensemble der Heidelberger Studentenbühne Songs und Szenen aufgeführt hatten – 'Wir wären gut – anstatt so roh/ Doch die Verhältnisse sind nicht so' – , sagte er mit einem ironischen Lächeln zu mir: 'Na, du wirst ja nie erwachsen, typisch Frau …' Der Inhalt des Liedes war somit gegeben, ich mußte es nur noch in Form bringen und verdichten."
Als Frau in dem Metier schrieb Joana 1980 über ihre Erfahrungen als junge Sängerin und Liedermacherin in den 60er und 70er Jahren. "Sogenannte Nachwuchswettbewerbe, Vorsingen in Folkclubs – wo man mich auch mal ablehnte, weil ich 'zu schön' sang – oder bei Managern, Plattenbossen und Musikverlegern waren gelinde gesagt so unangenehm, daß ich erst Jahre später zu dieser Form der Schilderung fand: Nur mit Ironie war für mich das Thema 'Als Frau in dem Metier' in ein Lied zu bringen. Für sich selbst sprechen auch meine Erlebnisse, z. B. mit dem Fernsehredakteur der Sendereihe 'Liederzirkus' im ZDF, die von Michael Heltau präsentiert wurde. Auf meine telefonische Nachfrage, warum er das zu meinem Lied gehörende Interview aus der Sendung geschnitten hatte, antwortete er mir genervt: 'Man hat Ihrem Gesicht förmlich angesehen, daß Sie denken. Das geht doch nicht! Eine Frau muß doch weiblich bleiben!' Oder die ach so 'progressiven' Veranstalter des 'Open-Ohr-Festivals' in Mainz, die mich engagierten mit dem schnöseligen Telefonanruf: 'Unser diesjähriges Motto heißt 'Arbeit-Liebe-Traum'. Wir möchten gern, daß du als Frau den Bereich Liebe abdeckst.' Und schließlich mein Plattenboß, der mich anmaulte, ich solle als Frau gefälligst mehr Liebeslieder schreiben und die gesellschaftlich-politischen Themen meinen männlichen Kollegen überlassen. Ich könnte noch von ganz konkreten Ein-, Über- und sonstigen 'Griffigkeiten' in meine Intimsphäre berichten, nicht nur geistiger Art, aber da das ja fast jede Frau kennt, muß ich es nicht weiter ausführen … Gerade die ständigen Manipulationsversuche der Plattenfirma haben mich schließlich bewogen, mein eigenes Plattenlabel zu gründen."
Thomas Rothschild bescheinigt Joana in seinem Buch 'Liedermacher', eine Frau zu sein, "die sich im deutschen Unterhaltungsdschungel durchsetzen konnte, ohne faule Kompromisse zu machen". Während Heinz Mees 1979 noch meinte, daß Joanas Engagement sich auf die Kritik einzelner Zustände beschränke – "… von ihr kamen bislang keine (und für die Zukunft sind sie wohl auch nicht zu erwarten) revolutionären Töne. Ihre Sozial- und Gesellschaftskritik hält sich an den gesellschaftlichen Rahmen dieses Staates, der sie machen lässt und den sie auch machen lässt. Joana mischt sich nicht ein." –, beschrieb Joana ihre politische Maxime 1985 in einem Interview für die Deutsche Umweltstiftung selbst so: "Alles, was um mich herum geschieht, im Großen und im Kleinen, fließt in meine Lieder ein, ob es nun ganz privat um zwischenmenschliches Miteinander geht oder um Ereignisse, die ich als engagierte Friedensfrau und Ökologiekämpferin und als aktive Demonstrantin hautnah miterlebe […] So bestehen auch meine Lieder- und Chansonabende aus einem breiten Themenspektrum, …, wo bei allem Ernst, bei aller Hintergründigkeit auch das Kabarettistische nicht zu kurz kommt, es was zu lachen gibt; denn gerade auch beim Lachen … kommen uns Erkenntnisse und Einsichten (nach: 'Hermes Handlexikon: Die großen Chansonniers und Liedermacher').
Bis heute veröffentlichte Joana über zwei Dutzend Alben, von denen sich einzelne Lieder immer wieder in der renommierten 'Liederbestenliste' plazieren konnten. Außerdem wurde sie mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Mannheimer 'Bloomaulorden', dem deutsch-französichen Kulturpreis 'PAMINA' sowie dem Chansonpreis des Belgischen Rundfunks, der 'EhrenAntenne'.
www.joana.de
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.4, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.4-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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