Wer war/ist Wolle Kriwanek ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Wolle Kriwanek
"Er war Musiker, Sänger und Texter, und ein guter, wie ich finde." (Benjamin Kriwanek)
Seinen Spitznamen 'Wolle' bekam der 1949 in Stuttgart als Wolfgang Kriwanek geborene Musiker wegen seines Vollbarts und seiner Lockenmähne im Afrolook. Bei den Pfadfindern lernte er seine ersten Gitarrenakkorde. Eine Fernsehübertragung des ersten Deutschlandkonzertes von Mahalia Jackson brachte ihn zu Gospel, Jazz, Beat und Blues. "Das war so grandios. Ich bin total ausgeflippt. Es war, als ob ich die ganze Zeit darauf gewartet hätte." Er kaufte Platten der Gospelsängerin, entdeckte Louis Armstrong und schloß sich mit 15 der Beatkapelle Muli and his Misfits an. Die Tatsache, daß englische und schwäbische Worte mitunter gleich klingen und die gleiche Bedeutung haben, führte Mitte der 60er Jahre zu ersten schwäbischen Rocksongs und Bluesnummern. Als Kriwanek 1970 beim damaligen Süddeutschen Rundfunk seinen drei Jahre zuvor geschriebenen Bad’wanna Blues vorsang, fiel er durch. Zitat eines Redakteurs: "Wenn Blues, dann Englisch, wenn Schwäbisch, dann Blasmusik." Fünf Jahre später gewann er beim selben Sender mit demselben Song einen ersten Preis als Liedermacher.
Benjamin Kriwanek sieht die Entstehungsgeschichte des Bad’wanna Blues in den Kindheitserinnerungen seines Vaters an die deutsche bzw. in diesem Fall schwäbische Nachkriegszeit. "Wasser war zu dieser Zeit teuer und knapp. So kam es, daß der Samstag allgemein zum Wasch- und Badetag der Familie genutzt wurde. Mit nur einem Waschzuber wurden zuerst der Vater, dann die Mutter, danach die Kinder und als letztes der Hund und die Kartoffeln gewaschen. Da schwäbische Sparsamkeit in jedem Haushalt groß geschrieben wurde, hatte man ganz zum Schluß sogar noch den Fußboden und das Treppenhaus mit der gleichen Brühe naß gewischt! Das war sozusagen die Schlußpointe. Zum Gedenken an dieses Ereignis, 'nem I mei Bad am Samschtag Obend'. Der 'Bad’wanna Blues' war geboren."
Auch trotz seiner Erfolge mit Dialektliedern wie dem Bad’wanna Blues, Stroßaboh (der Geschichte einer musikalischen Hetzjagd nach der letzten Straßenbahn der Linie 5, die an diesem Abend jedoch ohne den Sänger abfährt) oder UFO, bei dem ein Wanderer von einer fliegenden Untertasse besucht wird, wollte er eigentlich nie als der schwäbische "Bänkelsänger" in den Medien dargestellt werden, sagt sein Sohn Benjamin Kriwanek. "Ich kenne nur wenig Menschen, die so sprachlich versiert und gebildet waren wie mein Vater. Das sag’ ich jetzt nicht einfach nur als Sohn."
Kriwanek besaß einen feinsinnigen Wortwitz, und seine tiefen Einblicke in die Lebenswelt einfacher Menschen ließen ihn unterhaltsame wie kritische Milieustudien schreiben, wie z. B. I ben für di blos der Neger, oder auch einfach nur liebenswerte Stücke wie Weil i mog di (ond i glaub du mogsch au mi). Einige Lieder beschreiben ironisch die Träume von Kleinbürgern, so etwa von dem Büroangestellten, der im Monumentalepos Babylon - untermalt von trompetenden Kriegselefanten - von einem Leben als Pharao samt grenzenlosem Reichtum und Macht phantasiert, also von "Frauen, a Geld, Soldaten, a Grundstück ond a Haus". In Easy Rider verzählt sich der Bankangestellte beim Träumen von einer Harley-Davidson, während sich der arrogante Fahrer eines Mercedes 500SE in I fahr Daimler (der PS-Walzer) als Chauffeur in Uniform entpuppt.
Der studierte Pädagoge ging 1986, nachdem er sich sechs Jahre lang für die Musik hatte beurlauben lassen, wieder in den Schuldienst und wurde Sonderschullehrer in Winnenden (Rems-Murr-Kreis). Nebenbei machte er weiterhin Musik mit der Wolle Kriwanek Band, neben seinen schwäbischen Liedern auch zwei Alben mit hochdeutschen Texten. 1996 wurde Wolle Kriwanek Vorsitzender der Rockstiftung Baden-Württemberg, aus der 2003 die Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim entstand, Deutschlands erste Hochschule, an der Künstler und Musikmanager ein fundiertes Studium absolvieren können.
Als Wolle Kriwanek Ostern 2003 an den Folgen einer geplatzten Schlagader starb, würdigte ihn Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) als einen sympathischen Botschafter der Schwaben: "Mit Wolle Kriwanek verliert das Land einen herausragenden Künstler und Musiker, einen engagierten Pädagogen und wunderbaren Menschen."
www.wollekriwanek.de
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.3, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.3-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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