Wer war/ist Gerulf Pannach ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Gerulf Pannach


Die Lyrikerin Gisela Steineckert bezeichnete Gerulf Pannach 1974 als "jung, bärtig, zornig und begabt". Nach Meinung von Salli Sallmann war er "das sächsisch-plebejische Gegenstück zu Wolf Biermann". Pannachs langjähriger Mitstreiter Christian 'Kuno' Kunert fügte in einem Nachruf 1999 einen weiteren Aspekt hinzu: "Zoff war das, unflätig aufführen, lachen, unterm Tisch liegen – so war das Leben! Schneeschippen bei der Stadtreinigung gehörte dazu und die kalten siebzig Eier hinterher in Fernets ummünzen, die einen heiß machten! Volles Risiko gehen beim Zank mit bescheuerten Plattenproduzenten, nicht anders als vordem mit hirnrissigen Kulturfunktionären."

Gerulf Pannach, geboren 1948 in Arnsdorf bei Dresden, stellte seine ersten Songs im Chansonklub Pankow vor und war von 1969 bis 1971 Mitglied des Zentralen Singeklubs Leipzig (u. a. Song vom Kapital). 1971 gründete er den Chansonklub Leipzig und schrieb seine ersten Texte für die Klaus Renft Combo, darunter den Titel Zwischen Liebe und Zorn. 1972 traf Pannach das erste Mal mit Wolf Biermann zusammen. Darüber sagte er später: "Das wurde ein Wendepunkt für mich und Renft, denn von jetzt an wurden meine Texte deutlicher und schärfer." Biermann wurde Pannanchs Vorbild und Berater, er stimmte mit ihm politische Aktionen ab und vermittelte Westkontakte. Pannach wurde freischaffend, machte eigene Konzerte und ging mit Renft, Lift und anderen Bands auf Tourneen. Im Februar 1974 eröffnete die Staatssicherheit gegen Pannach den Operativen Vorgang 'Chanson'. Im März erhielt er 'absolutes Spielverbot', trat aber dennoch als Pausenfüller in Renft-Konzerten auf, zuletzt am 4. März 1975 im Berliner Metropol-Theater. Im September wurde die Klaus Renft Combo verboten. Pannach arbeitete jetzt mit dem dem Ex-Renft-Musiker Christian 'Kuno' Kunert zusammen. Sie erhielten 1976 sogar noch einen Förderungsvertrag, aber ihr Programm wurde im Oktober verboten. Am 17.10.1976 schnitten sie ein inoffizielles Konzert in Leipzig mit. Es erschien 1977 im Westen auf Schallplatte und enthielt u. a. den Titel Überholen ohne einzuholen. Nachdem sie die Protesterklärung gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns unterzeichnet hatten und auf das Grundstück Robert Havemanns in Grünheide 'geflohen' waren, wurden Pannach und Kunert mit dem Schriftsteller Jürgen Fuchs im November 1976 verhaftet und im August 1977 in den Westen abgeschoben.

Am 31.10.1977 gaben Pannach und Kunert in der Westberliner Akademie der Künste ihr erstes öffentliches Konzert im Westen, am 4. November traten sie mit Wolf Biermann in der ausverkauften Eissporthalle auf. Sie verstanden sich jedoch nicht als Dissidenten, sondern wollten "geile Songs schreiben, geil singen" (Kunert). Ihre bevorzugte Spielstätte wurde das Westberliner Flöz, sie gingen auf Tourneen, erlebten einen Wechsel von Höhenflügen und Durststrecken und trennten sich "in regelmäßigen Abständen … für immer". 1981 produzierten sie mit bescheidenen Mitteln die Langspielplatte 'Fluche Seele fluche'. 1986 wurde Pannach Hauptdarsteller im Film 'Fatherland' von Ken Loach. "Zwischendurch schippten wir auch mal Schnee in Westberlin, weil wir keine Kohle hatten." (Pannach).

Am 2.12.1989 trat Pannach mit anderen ausgebürgerten Liedermachern erstmals wieder in der DDR auf (Haus der jungen Talente, Berlin), 1990 dann auch beim letzten Festival des politischen Liedes.

1991 schrieb er Songs für das Theaterstück 'Moll Flanders' an der Freien Volksbühne. 1993 trat er zum letzten Mal mit Christian Kunert auf, spielte dann mit Peter Gläser, Manfred Maurenbrecher und verschiedenen Rockgruppen. Er schrieb Texte für Peter Gläser, die Puhdys und Veronika Fischer. 1996 erkrankte er an Krebs. 1997 ging er noch einmal mit der Klaus Renft Combo auf Tournee. Gerulf Pannach verstarb 1998.

 

Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.3, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.3-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

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