Wer war/ist Lüül ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Lüül

Lutz 'Lüül' Ulbrich gilt als einer der "Krautrock-Miterfinder in den 70er Jahren, als einer, der diesen auch in vollen Zügen durchlebte" ('17 Hippies Biographie') und der in den 80ern seine immer noch andauernde Solokarriere in die Hand nahm. Geboren im November 1952 im Eichkamp-Viertel im Westberliner Bezirk Charlottenburg, begann er im Alter von 12 Jahren mit dem Unterricht an der klassischen Gitarre beider gleichen |31 Musiklehrerin wie Manuel Göttsching (später Ash Ra Tempel). Inspiriert durch The Beatles grün- dete er bereits an der Schule mit The Tigers und The Sentries seine ersten Bands. Ende 1966 rief er gemeinsam mit seinem Schulfreund Christoph Franke (dr, später Tangerine Dream), Lutz Ludwig Kramer (g, voc, später Walpurgis) und Michael Günther (b) die Gruppe Agitation ins Leben, die mit Michael Duwe (voc, g, später Metropolis, Mickie D's Unicorn) ein Jahr später komplettiert wurde und sich noch später in Agitation Free umbenannte. Parallel zur aufkom- menden psychedelischen Musik wandte sich die Gruppe immer mehr der freien Improvisation zu. Lüül spielte die Rhythmus- und zweite Lead-Gitarre in der Gruppe. Später stieg Kramer aus, um sich anderen Projekten zuzuwenden. Unter der Leitung des Avantgarde-Komponisten Thomas Kessler bauten Agitation Free das Westberliner Beatstudio mit auf und kreierten von dort aus einen neuen Musikstil, der später als "Berliner Schule" ein Begriff wurde und zu der Tangerine Dream, Ash Ra Tempel und Klaus Schulze gezählt werden.

Mit Agitation Free (OBEN: Lüül in der Mitte) spielte Lüül drei Alben ein – 'Malesch' (1972), 'Second' (1973) und 'Last' (1976), absolvierte mit der Gruppe – mit der Unterstützung des Goethe-Instituts – eine Nahost-Tournee durch Ägypten, Libanon, Zypern und Griechenland, trat im Kulturprogramm der Olympischen Sommerspiele in München auf und spielte mehrere Tourneen in Frankreich. 1974 hatten sich allerdings bei der Gruppe Ermüdungserscheinungen eingestellt und die Band war auseinandergefallen. Lüül blieb danach für einige Zeit in Frankreich und arbeitete als Straßenmusiker. Als Manuel Göttsching, als alleiniger Ash Ra Tempel-Betreiber, Unterstützung brauchte, stieg Lüül erst für Live-Konzerte in ganz Europa und später auch für Studioaufnahmen bei Ash Ra Tempel ein. 1975 komponierte er, gemeinsam mit Göttsching, den Sound- track zum Philippe Garrel-Avantgarde-Film 'Le Berceau De Cristal', in dem Sängerin Nico, Dominique Sanda, die ehemalige Rolling Stones-Begleiterin Anita Pallenberg und Margareth Clément die "sprachlosen" Hautprollen spielten. Das Soundtrack- Album, teilweise live in Cannes mitgeschnittten, war "eine nette Ergänzung für Liebhaber des kosmisch-krautigen Elektro- niksounds der mittleren 70er Jahre. Allzu kantig oder aufregend war das Ganze nicht, unterhielt aber doch recht gut und war erstaunlicherweise noch einigermaßen abwechslungsreich ausgefallen" ('Baby Blaue Seiten'). (OBEN) Lüül mit Nico, 1974.

Bei einem Festival in Frankreich lernte 1973 Lüül die Sängerin Nico kennen und bildete mit ihr die nächsten Jahre ein Paar. So begleitete er Nico ab 1976 als Gitarrist auf Tour- neen in Spanien, Frankreich, die Niederlande, Kanada und die USA. Dabei kam es auch zu legendären Konzerten mit John Cale (ex-Velvet Underground) im CBGB's in New York und im Whiskey-A-Go-Go in Los Angeles mit der Singer/Songwriter-Legende Tim Hardin. Zwischenzeit- lich war Lüül auch wieder mit Ash Ra Tempel (jetzt Ashra) auf Tournee durch Europa und für die Aufnah- menzu'Correlations'(1979)imStudio,gefolgtvon |33 'Belle Alliance' (1980). Im selben Jahr begann Lüül mit den Arbeiten für sein Solodebüt 'Lüül', das auch den – von Nico gesungenen – Song Reich der Träume enthielt. Als Begleitung fun- gierten Harald Großkopf (dr, perc, p) und Christoph Franke (dr, syn). Letzterer war auch der Produzent des Debüts, das den Titel Morgens in der U-Bahn bein- haltete, der zusätzlich als Single im Selbstverlag Fix & Flott und auf der AHORn- Compilation 'Deutsche Welle' veröffentlicht worden war. Die "eingängige Popnummer entsprach dem Zeitgeist der aufkommenden NDW und entwickelte sich zu einem Hit, sowohl in den lokalen Independent-Charts als auch in der da- maligen CSSR" ('Tip').

Für das Fernsehen gelangen Lüül mit der Single Auftritte in der ARD-Musiksendung 'Formel Eins' und im 'WWF-Club'. Morgens in der U-Bahn war "eines der ersten Lieder in der deutschen Popgeschichte, das einen Sprechgesang vorwies und Lüüls Pionierstatus in der deutschen Rockgeschichte als Protorapper unterstreichen konnte" ('Wikipedia'). Ein "bemerkenswertes Stück Musik, das eher dem New Wave als der NDW verhaftetet war und das Einflüsse der New Yorker Band Suicide aufwies" ('Berliner Morgenpost'). 1983 erschien sein zweites Soloalbum 'Lüül und ich', auf dem er seine "kompositorischen Fähigkeiten und seine stilistische Wandlungsfähigkeit zwischen Wave, Pop und Liedermacher" ('Tip') verankerte. 'Lüül und ich' enthielt auch eine augenzwinkernde Cover-Version des Heinz Rühmann-Klassikers Ich brech' die Herzen der stolzesten Frau'n, komponiert von Lothar Brühne und Bruno Balz für den Film 'Fünf Millionen suchen einen Erben' (1938). Als Lüül-Begleitung fungierten Dieter Bauer (b, voc, ex-Aera, ex-Margo), Armin Rühl (dr, ex-Herbert Grönemeyer Band), Axel Jagemann (g, perc, dr, Bollermann) und Bernhard Kort (sax, voc).

Zeitgleich gründete Lüül das Rocktheater Reinecke Fuchs, das den Westberliner Senatsrockwettbewerb gewann, und trat in Theaterproduktionen wie 'Der Tod des James Dean' und der 'Erich Mühsam Revue' auf. Er schrieb Musik für weitere Thea- terstücke und Hörspiele, trat immer wieder mit Ashra auf und organisierte kleine Festivals, wie z.B. das Mixed Media-Event 'Die Nacht' (1981), 'Wüstenklänge im Planetarium' im Rahmen der Reihe 'Berlin Europäische Kulturhauptstadt Europas E 88' (mit Ashra, Nico, Terje Rypdal u.a.). Seit Mitte der 90er veröffentlichte Lüül neue Alben mit den wiedervereinigten Agitation Free in der (fast kompletten) 74er Besetzung. 1997 hatten sich Ul- brich, Günther, Gustl Lütjens (g, ex- Nena)undBurghardRausch(dr,ex-Bel |35 Ami) – bei einem Geburtstagsfest von Lüül getroffen und beschlossen, die ge- meinsame Arbeit wieder fortzusetzen. Im Sommer 1999 wurde das vom Spliff-Gitarristen Potsch Potschka pro- duzierte neue Album 'River Of Return' veröffentlicht.

2007 absolvierte Lüül mit der Gruppe – jetzt auch mit Mi- chael Hoenig (kb) – eine Japan-Tour- nee. Als Resultat erschien 2011 das Live-Album 'Shibuya Nights – Live In Tokyo'. Ebenfalls seit der Mitte der 90er ist Lüül Mitglied der 17 Hippies, die mit ihrer wilden und faszinierenden Folk-Worldmusik- Mischung alle Altersgruppen gleichermaßen begeistert. Die Berliner Band hat mittlerweile Kultstatus erreicht, nicht zuletzt durch ihren Auftritt als Straßenmusiker in Andreas Dresens preisgekröntem Film 'Halbe Treppe' (mit Axel Prahl, Thorsten Merten, Steffi Kühnert, Gabriela Maria Schmeide), für den sie auch den Soundtrack lieferten. Mit den 17 Hippies ist er immer wieder mit großem Erfolg unterwegs, u.a. New York, Chicago, Washington und beim 'SXSW Festival' in Austin, Süd- amerika, Mittelamerika, Texas, Algerien, China und Mexiko. Neben seiner eigenen Internet-Radio-Sendung 'Lüüls Live Lounge' arbeitet Lüül als Solist und veröffentlichte Soloalben, wie z.B. 'Ahoi!' (1997), 'Damenbesuch' (2004, ausgezeichnet mit dem Deutschen Schallplattenpreis), 'Spielmann' (2008), 'Tourkoller' (2011) und 'Wanderjahre' (2015). Zu seinem autobiographischen Buch 'Lüül – Ein Musikerleben zwischen Agitation Free, Ashra, Nico, der Neuen Deutschen Welle und den 17 Hippies' erschien der Sampler 'Zeitreise' (2006). 1995 36| arbeitete Lüül an dem preisgekrönten Film 'Nico-Icon', über die legendäre Gesangs-Ikone Nico, mit...

Burghard Rausch 

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Aus grauer Städte Mauern - Die Neue Deutsche Welle (NDW)

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