Wer war/ist Manfred Maurenbrecher ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Manfred Maurenbrecher
"Maurenbrecher ist ungezähmt, spontan, voller Intensität, Emotionalität und Authentizität" (Programmheft Nürnberger 'Bardentreffen' 2000)
Die Stichworte zu Manfred Maurenbrechers Kindheit und Jugend: geboren 1950 in Berlin, Klavierunterricht, Liebe für Gedichte, Cohen, Dylan, Degenhardt, die Studienjahre, erste Songs und erste Auftritte Anfang der 70er Jahre. Als er 1982 gerade seine Promotion über den Schriftsteller Hans Henny Jahnn abgeschlossen und dann eine mögliche Karriere als Bibliothekar ausgeschlagen hatte, schleuste Herwig Mitteregger von Spliff Manfred Maurenbrecher in das "Profi-Unterhaltungs-Labyrinth" (Maurenbrecher) ein. In den 80er Jahren nahm er dann mehrere eigene LPs auf und schrieb Rundfunk sowie Songtexte u. a. für Spliff, Veronika Fischer, Hermann van Veen und Renan Demirkan. Er verstand sich bewusst als 'Liedermacher', wie er in einem Interview im 'Folker!' sagte: "Ich hatte nie was gegen den Begriff. Es gab ja immer Leute, die 'Singer/Songwriter' oder 'Chansonnier' vorgezogen haben und die mir auch abgeraten haben, mich Liedermacher zu nennen. Ich fand das immer albern. Es gibt aber eine ganze Menge Leute, denen es peinlich ist, Liedermacher zu sein. Aber ich glaube, es wäre keinem peinlich, Filmemacher zu sein."
Die Geschichte der beiden hier vertretenen Lieder Gib mir deine Zigarette und Flußabwärts beginnt im Winter 1984/85 in Berlin, den Maurenbrecher mit seinen Schneegestöbern eigentlich nur morgens gegen elf und nachts erlebte, "immer, wenn mich Herwig Mitteregger mit dem Auto zu Haus abholte oder von irgend einem Nachtrestaurant zurück nach Kreuzberg fuhr. Der Schlagzeuger von Spliff, der früheren Nina-Hagen-Band, und ich machten 'meine' dritte Platte zusammen. Ich wußte anfangs nur, daß sie 'Viel zu schön' heißen sollte – und dass ich Frauen zum Mitsingen wollte. Herwig hatte die mutige Idee, schon mal alle Lieder auf Band aufzunehmen, am Klavier oder mit Rhythmusgeräten, nacheinander, so daß wir zu einer bestimmten Reihenfolge gezwungen waren. Bandmaterial war teuer. Digitales Herumschieben von Tönen gab es noch nicht. So hatten wir also einen riesigen Rohbau, den wir an allen Ecken und Enden bearbeiteten. Drummer Udo Dahmen, Toningenieur Hubert Henle, vor allem aber Keyboarder George Kochbek gehörten zum festen Team. Keyboards wurden damals von uns erst entdeckt – und George war der weise Eingeweihte, Zauberer, der uns in Geheimklänge einführte.
Wir bauten gegen Ende des dreiviertelstündigen Gebäudes, das meine neue LP werden sollte, an einem groovenden Stück Lied, ehemals eine Liebeserklärung an einen Freund, mit dem ich ein paar Jahre verbracht hatte, als ich glaubte, Frauen würden mir wenig bedeuten. Das war lange her, nur das Lied geblieben, ein Wort – und 'Glühwürmchenspiel', mit dem ich leicht umgehen konnte, weil es meinem Herzen nicht mehr sonderlich nah stand: 'Gib mir deine Zigarette'. George verliebte sich in den Rhythmus der Worte, er schwankte mit seinen Modernismen aus midi-verbundenen Kisten dahin in herrlicher Harmonie mit Udo 'Stahlwerke' Dahmen und dem jungen Bassisten Benjamin Hüllenkremer. Dann kam ein Loch. Wir fielen jedes Mal hörbar da rein, denn anschließend, als letztes Stück, fing irgendwann so eine Ballade an, die man sich besser alleine vorsingt, so ein Herz-reimt-Schmerz-Lied, das alle gleich immer ausstellten, wenn wir mal so weit gekommen waren beim Vorzeigen der Resultate.
Schon die Pause davor war arg lang. Wir überlegten, ob wir auf das Stück verzichten sollten. Herwig litt nämlich an dem Lied. Er mochte es wahrscheinlich so sehr wie ich, aber knurrte und lästerte dagegen an, weil er keinen Schimmer hatte, wie wir es arrangieren sollten. Ich dachte in solchen Fällen immer und denke immer noch so: gar nicht, einfach lassen, wie’s ist – aber auch mein Gesang am Klavier war kläglich gewesen. Überängstlich. Bloß kein Gefühl zeigen. Wir halfen uns mit ein paar Albernheiten über die lange Pause, wir hielten uns für erwachsen und professionell.
Mit ein paar Flaschen Wein bewaffnet zogen wir aber eines nachts Kochbek ins Vertrauen. Gingen noch mal zurück ins Studio. Spielten ihm die Ballade vor, von dem Mann, der flußabwärts geht, ins Abenteuer, und dann wieder zurück, keine Nacht ist vergangen. Aber ein ganzes Leben. 'Das ist wie Morricone', staunte George. Holte eine bescheidene, damals schon alt wirkende Kiste aus seinen Cases, einen italienischen Analog-Synthi, 'der hat die besten Geigen der Welt', sagte er. Bastelte an einer Opernbegleitung. 'Sind das Melodien!' rief er. Ich errötete. Herwig sprang zu den Drums, beklopfte sie wie im Unterricht an der Folkwang-Schule, sie wurden zum Schlagwerk, das Studio ein Orchestergraben – und wir wie Kinder, die feierten. Ich sang und fühlte mich wie in der Scala – in der ich noch nie gewesen war –, wie in der Met. Als der Morgen graute, war unser Werk vollendet. Mit diebischer Freude bastelten wir noch einen falschen Klavierton hinein in den Sturm, damit hatte die Aufnahme den Stempel der intellektuellen Distanz, ohne den wir nichts hergeben mochten. Dann waren wir echt überwältigt.
Wochen später bei der Abhöre im CBS-Hochhaus in Frankfurt/Main sagte Jim Rakete, der Spliff und damit damals auch mich künstlerisch betreute: 'Das ist ein Statement, meine Herren, ein Statement' – als das Band abgelaufen war. Und Hubert Wandjo, der Verantwortliche von der Firma, druckste: 'Ja, schon …'
Ich hatte ein bißchen in die Zukunft gelinst, aber das wusste ich damals noch nicht."
Die mit vielen Gästen aufgenommene LP 'Viel zu schön' – darunter Udo Lindenberg, Anne Haigis, Ulla Meinecke, Gayle Tufts, Heiner Pudelko und Richard Wester – hatte übrigens keine Pausenrillen: Sie lief von Anfang bis Ende durch.
"Einfach nur dasitzen und singen, nein, das gibt es nicht bei Maurenbrecher. Das Klavier wird ihm zur Werkbank, und dort vollendet er mit wuchtig-jazzigem Anschlag und stampfenden Fuß Stück für Stück. Alle Kräfte sind wach, und am Ende ist sein Haar feucht von der Anstrengung, denn er hat geschafft wie ein Schweißer. Nur wer ihn noch nicht kennt, ist erstaunt, daß das kraftvoll genutzte Instrument doch auch zarte Töne formt und daß die raue Stimme leise Gedanken ausspricht", kommentierte die 'Mainzer Rhein-Zeitung' vor wenigen Jahren einen Auftritt Maurenbrechers. Konstantin Wecker bezeichnet das, was Manfred Maurenbrecher seit Jahrzehnten textet, komponiert und vorträgt als 'Berliner Blues': "Es gibt Künstler, die sich nicht verändern, und sie werden langweilig. Es gibt Sänger, die singen immer das gleiche, und das ist ärgerlich. Manfred Maurenbrecher bleibt immer derselbe, und das ist wunderbar. Man muss sich an seine Stimme gewöhnen, und dann möchte man sie nicht mehr missen. Da ist nichts Aufgesetztes, Beifallheischendes, das sind einfach ehrliche Lieder eines Sängers, der sich von niemandem verbiegen ließ. Also etwas, das es kaum mehr gibt. Unprätentiös und versponnen, musikalisch von bewundernswerter Schlichtheit, die ihm hierzulande keiner nachmacht. Schön, daß es diesen Maurenbrecher gibt. Ohne ihn würde etwas fehlen, vielleicht sogar eine Spezies aussterben."
Neben seinen Soloprogrammen arbeitet Manfred Maurenbrecher, der auch Drehbücher und Erzählungen geschrieben hat, bis heute regelmäßig mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Dazu gehörten im Laufe der Jahre u. a. Thommie Bayer, Gerulf Pannach, Wendelin Haverkamp, Gerhard Gundermann und immer wieder Richard Wester. Gemeinsam mit ihm und dem österreichischen Pianisten und Sänger George Nussbaumer brachte Maurenbrecher 2006 ein Randy-Newman-Projekt auf die Bühne. Der Träger des 'Deutschen Kleinkunstpreises' bekam für sein Lied Wessi 1998 den 'Liederpreis' der 'SWR-Liederbestenliste'.
www.maurenbrecher.com
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.4, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.4-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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