Wer war/ist Geisterfahrer ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Geisterfahrer

Michael Ruff (voc)
Jürgen Weiß (dr, b)
Matthias Schuster (g, key, voc, b)
Hans Keller (b, g, org, vi)

Die experimentellen Gruppen der End-70er waren im |77 Frühjahr 1979 die Inspiration für die Gründung der Gei- sterfahrer. Die erste Besetzung bestand aus Schuster und den beiden 'Sounds'-Redakteuren Ruff und Keller, die sich damit ein Experimentierfeld mit dem Konzept der "Individuellen Platten-Produktion" schaffen wollten. Als Vorbilder dienten zu dieser Zeit englische Bands wie Ca- baret Voltaire oder Throbbing Gristle. Bereits am 29. Juni beim legendären 'In Die Zukunft- Festival' in Hamburg absolvierte das Trio, das sich mit Holger Hiller verstärkt hatte, sein erstes Live-Konzert. Damals noch ohne Schlagzeuger, trat die Band stattdes- sen mit einer Rhythmusmaschine auf. Dort provozierten sie die anwesenden Hardcore-Punks mit improvisiertem Elektrolärm so sehr, daß ihnen während des Auftritts der Strom ab- geschaltet wurde. "Wir sind gesteinigt worden, beim Gig flogen Glasflaschen auf uns. Man hatte uns den Strom rausgerissen, denn wir hatten Stücke, die hießen 'Simpel 1', jetzt kommt 'Simpel 2'. Nur Krach. Die Leute haben gebrüllt: Aufhören, Scheiße, ihr Wichser!" (Matthias Schuster).

Im Herbst kam der Jazz- und Funk-Schlagzeuger Jürgen Weiß zunächst als freies Mitglied dazu und wurde wenig später fester Trommler. In dieser Besetzung brachte die Gruppe die Musikcassette 'Geisterfahrer' mit Demos im Eigenvertrieb heraus. Die nächsten Liveauftritte absolvierten die Geisterfahrer als Sextett mit Hiller und Chris Lunch (b) (Christian Lunch / Christian Gregory Ingle) – (beide später Palais Schaumburg) als Verstärkung. Mittlerweile hatte die Gruppe ihren Probenraum zum eigenen Studio "Geisterfahrer-Studio" ausgebaut und für das neu von 78| Alfred Hilsberg gegründete ZICKZACK-Label im Februar 1980 als Quartett einige Songs aufgenommen, von denen drei im Mai als allererste Veröffentlichung auf ZICKZACK erschienen: Geisterfahrer, Unschuld und Öl. Ebenfalls 1980 produzierte Schuster unter dem Namen Im Namen Des Volkes die Drei-Titel-EP 'Ich war da, leergebrannt' mit zeitgenössischer elektro- nischer Musik als Solist und co-produzierte die Debüt-EP 'Angst vorm Tanzen' der Hamburger Band Saal 2.

Die EP 'Geisterfahrer' fiel in die Hände des PHONOGRAM-Mitarbeiters Tommy Richter, der gerade dabei war, das KONKURRENZ- Label in seiner Firma aufzubauen. "Es gab eine heftige Debatte bei uns, sollen wir das machen und zu PHONOGRAM gehen, schließlich waren wir die erste Band auf ZICKZACK. Wir waren ZICKZACK 001 – die erste Single. Aber ich wollte einen Drumsound haben und wollte nicht diesen Schlafzimmersound. Ich wollte so einen Hall auf der Snare haben, ich wollte, daß das geil klingt, und deswegen sind wir zur PHONOGRAM" (Matthias Schuster). Richter verpflichtete die Geisterfahrer als erste Band auf dem neuen Label und Keller, Ruff, Schuster und Weiß nahmen innerhalb einer Woche ihr Debütalbum 'Schatten voraus' auf. Die Platte enthielt "ökonomische, sparsame Musik, mit viel Transparenz und Intensität und düsterer, mysteriöser Stim- mung und hatte Parallelen zum Sound britischer Bands wie Joy Division oder The Cure. Die Geisterfahrer produzieren Musik für dunkle Räume. Wenn die Dämmerung hereinbricht oder im Zimmer nur eine trübe Lampe brennt, dann findet die ruhige Monotonie ihr optimales Umfeld. Ruffs Texte bestanden aus mittelalterlicher Symbolik, Galgenhumor, Hieronymus Boschs bösen Gestalten mit Pestkreuzen, Heerlager, Krankheiten, Ruinen, zogen ein Gleichnis zum zeitgenössischen Terror, Aufruhr, zu Unterdrückung, Gewalt und Unmenschlichkeit.

Endlich mal eine Gruppe deren Musik keinen penetranten Marsch- rhythmus einhängt, wie bei vielen deutschen Neutönern." ('Sounds'). Musikalisch lieferten sie eine "Mischung aus Cold Wave, Gothik-Rock und mittelalterlichen Momenten und lenkten die Geisterfahrer ins Dark-Wave-Umfeld" ('Zitty'). Neben der gemeinsamen Geisterfahrer-Arbeit engagierten sich die einzelnen Mitglieder über den Gruppenrahmen hinaus an weiteren Projekten. Ruff und Weiß veröffentlichten ein rhythmisches und gesangliches Experimental-Projekt mit politi- schen/gesellschaftlichen Texten unter dem Namen Die Schönsten. Die EP 'Linientreu' enthielt "exakten, aber kaputten Metal-Funk" ('Sounds'). Schuster vertonte das lange Gedicht 'Ritual' von Keller im Elektronik-Arrangement und produzierte die ersten beiden Singles von Andreas Dorau – Der lachende Papst und Fred vom Jupiter (als Die Doraus und die Marinas).

Außerdem gründete Schuster mit Kirsten Klemm (cel) und Jan T. Krahn (syn) die New Disco-Truppe Jeanette & das Land Z, die im Mai 1981 mit den Coverversionen von Poupée De Cire, Poupée De Son / Raumpatrouille eine erste Single veröffent- lichte. Im März verließ Keller die Geisterfahrer, um sich seinen lange gehegten Wunsch – als Musikjournalist in New York zu ar- beiten – zu erfüllen. Für die Band ergab sich zunächst eine Kreativpause, in der Schuster aus altem, zwischen 1979 und 1981 eingespielten Material sein erstes Solo-Album 'Atemlos' fertigstellte, bei dem er sich u.a. von Weiß (auch als Gitarrist!) und Jan T. Krahn begleiten ließ. Die Platte enthielt zwar "nichts Neues, dafür aber Ausgereiftes, was mal ganz gut tut. Hörbar, sehr sympatisch und durchaus kreativ" ('MusikExpress'). Während bereits erste Spekulationen über die Auflösung der Geisterfahrer kursierten, veröffentlichte das übrig gebliebene Trio mit 'Fest der vielen Sinne' das zweite – sehr viel rocklastigere Album. Mit den 12 Songs hatten sich die Geisterfahrer "sensationell verbessert.

Die neue ist realistischer, rockiger, härter, schneller, erdzugewandt. Die Texte sind keine Poesie mehr, sondern unprätentiöse Erörterungen. Die leicht verschwommene Flagolett-Melancholie der ersten Platte ist klaren Worten und z.T. Heavy-Gitarren gewichen" ('Sounds'). Als Gastmusiker war Mayo Thompson (g) (Red Crayola, Pere Ubu) auf zwei Titeln vertreten und mit dem Song Himmel auf Erden hatte die Band sogar einen kleineren Hit. "Wir haben gesagt, dieser Song, das ist das Schlechteste, was wir je gemacht haben, das ist jetzt wirklich fast NDW – und prompt war das ein Hit. Wir waren dann plötzlich auch auf den Din- gern mit Trio, Conditors, Nena und der Spider Murphy Gang drauf" (Matthias Schuster). Zum Jahreswechsel 1981/82 verließ Ruff die...

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