Wer war/ist Gerd Schinkel ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Gerd Schinkel
"Ein bürgerlicher Utopist." (Hanns Dieter Hüsch)
Im September 1980 explodierte mitten im Wiesn-Trubel des Münchner Oktoberfests eine Splitterbombe in einem Papierkorb und tötete 13 Menschen, darunter den Geologiestudenten Gundolf Köhler. Zunächst gingen Politik und Medien gleichermaßen von der Schuld linker Terroristen aus, doch die Geschichte hielt nicht lange stand. Später wurde Köhler, ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann als verwirrter Einzeltäter mit psychischen Problemen dargestellt. Laufende Ermittlungen gegen den 'WSG-Chef' wurden eingestellt, Zeugen, die Köhler eine Woche vorher mit einer Gruppe junger Männer am Tatort beobachtet hatten, wurden ignoriert. Der Neonazi Karl-Heinz Hoffmann, selbstverliebter Gründer des am Wochenende durch den Schlamm robbenden rechten Haufens, machte in den 70er Jahren durch martialische Auftritte mit Phantasieuniformen und zugelöteten Maschinenpistolen auf sich aufmerksam. Der Text von Gerd Schinkels Freunde, seid wach entstand nach wiederholter Berichterstattung über die Aktivitäten der WSG Hoffmann etwa anderthalb Jahre vor dem Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest. Für Schinkel hat das Lied seine Aktualität nicht verloren: "Ich erinnere an Solingen, Mölln, und und und … Deshalb habe ich es auch immer noch im Repertoire – leicht aktualisiert, nicht zuletzt seit die rechte Bande auch noch anfängt, linke Lieder zu klauen."
Freunde, seid wach wurde im Herbst 1979 in Knut Kiesewetters Tonstudio Fresenhof aufgenommen. Schinkel: "Während der Hochzeitsreise mit meiner Frau Martina in Nordfriesland haben wir dort alle Aufnahmen für meine zweite LP 'Abrechnung' eingespielt. Knut hat uns machen lassen, meine Frau setzte sich an die Regler … Auf die Musik zu diesem Lied kam ich nach gelegentlichen Besuchen in der Bonner Jazz-Galerie, wo ich ab und zu Musik von Jazz- und Funkgruppen gehört habe – eine Musikrichtung, mit der ich bis dahin nicht viel am Hut hatte, die mich damals aber mehr und mehr faszinierte. Die Vertonung des Textes erfolgte denn auch in einer Weise, die eigentlich bis heute immer noch recht ungewöhnlich für mein Repertoire ist."
1950 in Schleswig-Holstein geboren, kam der studierte Jurist Gerd Schinkel 1985 nach Köln, wo er seitdem in verschiedenen Funktionen als politischer Redakteur beim WDR arbeitet. Seine musikalische Laufbahn begann – je nach Betrachtungsweise – 1957, als er seine erste Gitarre bekam, 1967, als er darauf seine ersten Griffe übte, oder 1970, als er das erste Mal vor einem Mikrophon stand. 1972 entstanden die ersten eigenen Lieder. Noch als Mitglied der Folkgruppe Saitenwind veröffentlichte Gerd Schinkel 1977 seine erste Solo-LP 'Kein Grund zur Aufregung'. Obwohl der Wahl-Kölner auch heute noch mit eigenen Liedern und Übersetzungen u. a. von Phil-Ochs- und Leon-Rosselson-Texten öffentlich auftritt, hat er die Musik nicht zu seinem Hauptberuf gemacht. 1986 schrieb Gerd Schinkel in einem Beitrag für das 'musikblatt' über das Selbstverständnis von Liedermachern: "Mir war die Entwicklung mancher Sangeskollegen abschreckend genug, daß ein hauptberufliches, ausschließliches Trällern für mich nie zur Debatte stand. Das 'realistische' Standbein im 'Brotberuf' garantierte mir auch nach Feierabend den (ganz-)kleinkünstlerischen Freiraum zum Luftholen."
1982 veröffentlichte Gerd Schinkel ein Liederbuch unter dem Titel 'Überlebenslieder und Texte übers Leben'. Im Vorwort würdigte Hanns Dieter Hüsch die Lieder: "Selbst oft ohne Halt, macht er keinen Halt, das heißt er bringt sich selbst immer so ein, daß er auch für uns etwas herausbringt. Tagesaktualitäten und zeitlose Analysen gehen abwechselnd durch seinen Kopf und was ganz wenige tun, er läßt auch Ungereimtheiten in der DDR nicht so ohne weiteres durchgehen. Was Wunder, daß manche Kneipen-Linke ihm nicht dauernd auf die Schulter klopfen."
www.gerdschinkel.de
Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.2, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.2-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html
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